Verfahren der Oberflächenanalyse
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Verfahren der Oberflächenanalyse

Mit den verschiedenen Verfahren der Oberflächenanalyse lassen sich chemische und strukturelle Eigenschaften der Oberflächen von Werkstücken ermitteln. Das wird vor allem bei der Forschung und Entwicklung und bei der Qualitätssicherung in der Oberflächentechnik genutzt. Lesen Sie hier, welche Möglichkeiten die Oberflächenanalytik bietet.

Grundprinzipen der Oberflächenanalyse

Die Verfahren der Oberflächenanalyse beruhen darauf, dass die Atome und Moleküle der Werkstoffe mit auftreffender Strahlung oder auftreffenden Teilchen interagieren. Das Grundprinzip erschließt sich, wenn wir uns vor Augen führen, wie wir sehen. Das sichtbare weiße Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen mit Wellenlängen von 380 nm bis 780 nm. Im Regenbogen fächern sich die Wellen auf und werden als einzelne Farben wahrgenommen. Die kurzen Wellen sehen violett aus, die langen sind rot. Weil die Oberflächen der Gegenstände in unserer Umgebung die einzelnen Wellen unterschiedlich verschlucken (absorbieren), zurückstrahlen (reflektieren) oder hindurchlassen (transmittieren), erkennen wir unsere Umgebung.

Symbolbild eines Prismas welches weißes Licht in alle Farben aufteilt - Verfahren der Oberflächenanalyse
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Da wir zwei Augen haben, die dem Gehirn unterschiedliche Bilder liefern, können wir räumlich sehen. Was wir nicht sehen können, sind die Strahlen mit geringeren Wellenlängen (UV-Strahlung, Röntgenstrahlung, Gammastrahlung) oder größeren Wellenlängen (Wärmestrahlung). Die reagieren beim Auftreffen auf eine Oberfläche genauso, wie das Licht. Geräte der Oberflächenanalytik erzeugen daraus – wie unser Gehirn – Bilder oder sie leiten daraus Informationen über die Materialeigenschaften ab.

Ähnlich wie das Licht verhalten sich Murmeln, die auf Oberflächen treffen. Je nach Werkstoff bleiben sie stecken (Absorption), werden zurückgestoßen (Reflexion) oder fliegen hindurch (Transmission). Im Werkstoff können sich dabei Schwingungen ausbreiten. Außerdem können Teile der Oberfläche abgesprengt werden. Das alles passiert auch, wenn für das Auge nicht wahrnehmbare Elementarteilchen (Elektronen, Photonen) mit hoher Geschwindigkeit auf Material prallen. Bei der Oberflächenanalyse werden die Interaktionen erfasst und ausgewertet. Es entstehen Bilder und Informationen über die Materialeigenschaften.

CERN Teilchenbeschleuniger - Verfahren der Oberflächenanalyse
Von Justin Pickard – Flickr: https://flic.kr/p/dTKi1A, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48127269

Überblick über wichtige Verfahren

Zu den wichtigsten Methoden der Oberflächenanalyse zählen

  • Röntgenspektroskopie (XRF, EDX, WDX, XPS, XAS, XES PIXE)
  • Rasterelektronenmikroskopie (REM)
  • Augerelektronenspektroskopie (AES)
  • Sekundärionen-Massenspektroskopie (SIMS)
  • Nukleare Reaktionsanalyse (NRA)
  • Infrarot-Spektroskopie
  • Ellipsometrie

Im Folgenden soll kurz erläutert werden, wie diese Analysemethoden funktionieren.

Röntgenspektroskopie

Röntgenstrahlen können Werkstoffe durchdringen. Sie entstehen, wenn schnelle Elektronen beim Auftreffen auf Oberflächen abgebremst werden. Die Oberflächenanalyse nutzt diesen physikalischen Prozess, in dem sie die Röntgenstrahlen auf den Werkstoffoberflächen erzeugt. Dabei wird ein Elektronenstrahl, auch Kathodenstrahl genannt, auf die Werkstoffoberfläche gerichtet und die daraus resultierende Röntgenstrahlung erfasst, die charakteristisch für die verschiedenen chemischen Stoffe ist. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich durch die Intensität, die Erzeugung und den Auftreffwinkel des Elektronenstrahls sowie durch die Auswertung der resultierenden Strahlung.

Tragbarer RFA-Analysator mit einem Siliziumdriftdetektor - Verfahren der Oberflächenanalyse

Derartige Methoden sind die Röntgenfluoreszenzanalyse (XRF), die Energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX), die Wellenlängendispersive Röntgenspektroskopie (WDX), die Photoelektronenspektroskopie (XPS), die Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS), die Röntgenemissionsspektroskopie (XES) und die Protoninduzierte Röntgenspektroskopie (PIXE). Mit ihrer Hilfe lässt sich die qualitative und quantitative chemische Zusammensetzung der oberen Bereiche einer Probe bis auf wenige Milligramm pro Kilogramm (ppm, parts per million) genau bestimmen. Die Auswahl eines geeigneten Verfahrens richtet sich hauptsächlich nach der Art und Größe der Atome oder Moleküle, die nachgewiesen werden sollen. In der Oberflächentechnik dienen die Methoden zum Beispiel dazu, die Zusammensetzung von Beschichtungen zu analysieren und zum Nachweis von Verunreinigungen durch geringfügige Rückstände von Schmierstoffen oder Reinigungsmitteln.

Rasterelektronenmikroskopie

Bei der Rasterelektronenmikroskopie tastet ein Elektronenstrahl systematisch bestimmte Oberflächenbereiche einer Probe ab. Dabei regt er die Atome an der Werkstoffoberfläche an, Elektronen aus ihrer Hülle abzugeben. Diese werden im Unterschied zu den Primärelektronen des Strahls als Sekundärelektronen bezeichnet. Die Sekundärelektronen werden von einem Detektor erfasst, der ein stark vergrößertes Bild der Probenoberfläche liefert. Das Auflösungsvermögen lässt sich bei den meisten Rasterelektronenmikroskopen stufenlos einstellen und kann bis zu 1 nm bis 2 nm betragen. Da bei diesem Verfahren der Oberflächenanalyse auch Röntgenstrahlung entsteht, lässt es sich mit der Röntgenspektroskopie und verwandten Verfahren kombinieren. Einsatzgebiete sind unter anderem die Untersuchung von Werkstoffgefügen, das Ermitteln der Ursachen von Haftungsproblemen bei Beschichtungen oder das Analysieren von Verunreinigungen und Korrosionsprodukten auf Werkstoffoberflächen.

Nanopartikel des chemischen Elements Selen
Von Muderkind – Eigenes Werk, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=102706679

Augerelektronenspektroskopie

Die Augerelektronenspektroskopie beruht darauf, dass energiereiche Elektronen-, Röntgen- und UV-Strahlung Elektronen aus den Atomhüllen des Werkstoffs herausschleudern können. Die Bewegungsenergie dieser Elektronen gibt Auskunft über die chemische Zusammensetzung des Materials, aus dem sie stammen. Erfasst werden bei dieser Methode der Oberflächenanalyse etwa die obersten zehn Atomschichten auf der Oberfläche. So lassen sich Verunreinigungen mit einer Größe von 0,01 µm bis 100 µm aufspüren und analysieren. Außerdem können mit einem entsprechenden Detektor wie bei der Rasterelektronenmikroskopie Bilder erzeugt werden.

Auger Elektronenspektrometer, entwickelt von Lise Meitner und Pierre Auger

Sekundärionen-Massenspektroskopie

Mit der Sekundärionen-Massenspektroskopie (SIMS) lässt sich die chemische Zusammensetzung einer Oberfläche analysieren, indem sie mit Ionen beschossen wird. Diese Primärionen bleiben im Material stecken und setzen aus dem Material neben neutralen Teilchen eine geringe Menge Sekundärionen frei. Detektoren erfassen die Flugzeit und energetische Parameter der Ionen. Die gemessenen Werte erlauben sehr genaue Rückschlüsse darauf, welche chemischen Stoffe an der Oberfläche der Probe vorhanden sind und welchen Anteil sie an der Gesamtmasse haben. Das Verfahren wird beispielweise für die Untersuchung sehr dünner Schichten eingesetzt. Außerdem lassen sich geringe Spuren von Verunreinigungen feststellen.

Älterer Sekundärionen-Massenspektrometer
CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=556117

Nukleare Reaktionsanalyse

Treffen schwere Ionen mit sehr großer Geschwindigkeit auf Atomkerne, geben diese radioaktive Strahlung ab. Je nach chemischem Element setzt sich die abgegebene Strahlung aus Alpha- und Gammastrahlung zusammen. Dieses Verhalten wird bei der Nuklearen Reaktionsanalyse genutzt. Die Ionen dringen dabei einige µm tief in die Probe ein. Die Auswertung der erzeugten Strahlung ermöglicht es der Oberflächenanalyse, vor allem die Art und den Anteil einzelner leichter chemischer Elemente in diesem Werkstoffbereich zu bestimmen. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel herausfinden, wie sich bestimmte Atome durch Werkstoffoberflächen in das Material hineinbewegen (Diffusionsanalyse).

Der Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) am Europäischen Kernforschungszentrum CERN
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Infrarot-Spektroskopie

Die unterschiedlichen Verfahren der Infrarot-Spektroskopie beruhen auf der Wirkung von Wärmestrahlen auf Werkstoffe. Dringen diese in das Material ein, erhöht sich die Temperatur. Die Moleküle schwingen schneller. Weil sie nur auf bestimmte Wellenlängenbereiche reagieren, lässt sich aus der aufgenommenen bzw. hindurchgelassenen Strahlung ermitteln, aus welchen Stoffen das Material zusammengesetzt ist. Ein Teil der auftreffenden Wärmestrahlen wird von der Oberfläche reflektiert. Auch die Menge der zurückgestrahlten Wärme erlaubt Rückschlüsse auf bestimmte Werkstoffeigenschaften. Mit der Infrarot-Spektroskopie steht eine leistungsfähige Methode der Oberflächenanalytik zur Verfügung, die eine schnelle Oberflächenanalyse für organische Stoffe und Stoffgemische ermöglicht.

FT-IR (Infrarot) Spektrometer

Ellipsometrie

Die Ellipsometrie nutzt polarisiertes Licht, um beispielsweise die Oberflächenrauheit, die Materialzusammensetzung oder die Kristallinität von Werkstoffen zu bestimmen. Normales Licht schwingt in allen möglichen Richtungen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Werden nur bestimmte Schwingungsrichtungen realisiert, entsteht polarisiertes Licht. Wird es von Oberflächen reflektiert oder dringt es in Stoffe ein, ändert sich die Polarisation. Es schwingt dann in anderen Richtungen. Diese bilden häufig die Form einer Ellipse, woraus die Bezeichnung dieses Verfahrens der Oberflächenanalyse resultiert. Aus der Messung des reflektierten bzw. hindurchgelassenen Lichtes lassen sich Rückschlüsse auf Werkstoffeigenschaften und Schichtdicken ziehen.

Messplatz mit einem Phasenmodulationsellipsometer
Von Guillaume Paumier (user:guillom) – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3077435

Über Chemische Werke Kluthe GmbH

Als Spezialist für Oberflächenbehandlung entwickeln und produzieren die Chemischen Werke Kluthe GmbH chemische Produkte sowie innovative Prozesslösungen für die Bereiche Forming & Protection, Metalworking & Cleaning, Pretreatment und Paint Shop. In diesen Geschäftsbereichen finden wir unsere Schwerpunkte und können so unseren Kunden als Spezialisten und Generalisten eine optimale Beratung gewährleisten.