“Jeder ist seines Glückes Schmied” – diese und andere Bezeichnungen kennen wir alle und das Schmieden ist eine der ältesten Techniken, die wir kennen. Von Hephaistos, dem Sohn des Zeus und dem Gott der Schmiede über das Mittelalter oder die berühmten Damaszenerklingen bis in die heutige Zeit hat sich das Schmieden als eines der wichtigsten Verfahren zur Umformung von Metall gehalten. Heutzutage gibt es eine Reihe an Verfahren, die diese alte Technik verfeinern und den Anforderungen der heutigen Zeit anpassen. Es muss aber nicht immer bei hohen Temperaturen gearbeitet werden. Die Kaltmassivumformung ist eine weitere Technik, die genutzt wird, um Metallwerkstücke bei Raumtemperatur und hohem Druck in die gewünschte Form zu bringen.
Kalt oder warm – wie kann man Metalle und Legierungen in die gewünschte Form bringen?
Das Schmieden ist vielleicht das bekannteste, aber nicht das einzige Umformverfahren. Generell versteht man unter dem Begriff “Umformung” eine plastische Werkstoffumformung, bei der ein dreidimensionaler Körper durch verschiedene Fertigungsverfahren eine neue Form annimmt. Heute gibt es dabei nicht mehr nur das klassische Schmieden, sondern beispielsweise das Thixoschmieden, bei dem eine Metalllegierung in einem Zwischenzustand zwischen fest und flüssig in Form gepresst werden kann. “Thixotrop” wird dieser Zustand genannt und hat dieser Umformtechnik seinen Namen gegeben.
Weitere Techniken sind Gesenk- oder das Freiformschmieden. Aber nicht nur das Schmieden gehört zu den typischen Umformungsverfahren, auch das Arbeiten “nur” unter hohem Druck, wie es beim Strangpressen oder Rundkneten der Fall ist. All diese Techniken werden unter dem Oberbegriff Massivumformung zusammengefasst und eignen sich für Metalle, wie Stähle, Buntmetalle oder Aluminium, aber auch Legierungen.
Mit diesen Umformtechniken können große wie kleine Teile mit einfachen, aber auch sehr komplexen Geometrien hergestellt werden: von Turbinenschaufeln bis zu kleinsten Kurbelwellen. Anschließend kann das Bauteil durch eine geeignete Oberflächentechnik auf seine spezielle Anwendung hin optimiert werden. Eine Variante ist die Kaltmassivumformung. Zum Einsatz kommen hier wie auch bei anderen Verfahren spezielle Umformschmierstoffe.
Die Massivumformung hat eine ganze Palette an Fertigungsverfahren
So unterschiedlich wie die Metalle sind, so unterschiedlich sind auch die Techniken, die man einsetzen kann. Die DIN 8582 rechnet diese Herstellungsverfahren dem “Druckumformen” zu. Dabei spielt neben dem Druck die Temperatur eine Rolle. Nach der Temperatur werden auch verschiedene Fertigungsverfahren eingeteilt. So spricht man bei Temperaturen von Raumtemperatur bis circa 500°C von der Kaltmassivumformung, bei Temperaturen von 500°C bis zu 800°C von der sogenannten Halbwarmumformung und darüber bei Temperaturen bis zu 1300°C von der Warmmassivumformung. Gleichzeitig werden Kräfte auf das Werkteil ausgeübt, die zur Verformung führen.
Die Warmmassivumformumg wird vor allem bei Stählen angewandt
Bei hohen Temperaturen ändern sich die Kristallstruktur und die Eigenschaften eines Metalls. Eines der bekanntesten Verfahren ist das Freiformschmieden, bei dem das heiße Metall durch verschiedene Manipulationen in die gewünschte Form gebracht wird, zum Beispiel durch Stauchen oder Recken. Das Freiformschmieden wird vor allem für Kleinserien und Einzelstücke eingesetzt. Das am häufigsten eingesetzte Verfahren ist das Gesenkschmieden. Hier wird das Metallteil zwischen zwei Teile – ein Ober- und ein Untergesenk – eingeschlossen und ein hoher Druck darauf ausgeübt. Unter Extrembedingungen mit Temperaturen von über 1000°C und hohen Drücken fließt der Werkstoff innerhalb der Form und nimmt diese an.
Dieses Umformverfahren wird für die Serienproduktion eingesetzt, hat aber auch Nachteile. Dazu zählen nicht nur die hohen Temperaturen, sondern auch die geringeren Form- und Maßgenauigkeiten. Beim Abkühlen der erhitzten Teile kann eine Schwindung auftreten und auch eine Verzunderung kann auftreten, wodurch das Werkstück wertlos wird, zumindest aber kostenintensiv nachbearbeitet werden muss. Außerdem ist dieses Umformverfahren nicht für alle Metalle und Legierungen geeignet. Möchte man diese Nachteile vermeiden, kann man auf die Kaltmassivumformung ausweichen.
Was ist Kaltmassivumformung und wie funktioniert diese?
Bei der Kaltmassivumformung wird der Werkstoffrohling durch Druckumformen verändert. Er wird nicht erwärmt, sondern bei Raumtemperatur in eine Presse zwischen einen Pressstempel und eine Matrize gelegt. Durch den hohen Druck, bei dem Temperaturen von mehreren hundert Grad auftreten können, wird das Werkstück verformt und in die gewünschte Form gezwungen. Hierbei kann man das Werkstück durch die Geometrie der Matrize in ganz bestimmte Formen bringen.
Wenn die Matrize sich verjüngt, spricht man vom Reduzieren. Das Werkstück verlängert sich und gleichzeitig vermindert sich sein Durchmesser. Weiterhin kann man den Werkstoff in verschiedene Richtungen “fliessen” lassen und unterscheidet hier zwischen Vorwärts-, Rückwärts- und Querfließpressen. Diese Verfahren kann man auch miteinander kombinieren und auf diese Weise kompliziertere und auch asymmetrische Teile erhalten. Schließlich kann man durch das Napfen, bei dem zwischen der Matrizeninnenseite und dem Stempel ein Hohlraum besteht, ein Werkstück mit einer Ausbuchtung erhalten.
Bei der Kaltmassivumformung kann man auf diese Weise eine sehr große Palette an verschiedensten Geometrien und Werkstücken erhalten. Nicht alle Metalle und Legierungen sind für die Kaltmassivumformung geeignet. Nichteisenmetalle, wie Kupfer oder Aluminium und auch Stähle können prinzipiell eingesetzt werden, allerdings darf der Kohlenstoffgehalt maximal 0,5% betragen und andere Legierungsbestandteile sollten nicht mehr als 5% ausmachen.
Was sind die Vor- und Nachteile der Kaltmassivumformung?
Ein Vorteil dieser Umformungstechnik liegt darin, dass das Material zu 100% verarbeitet wird. Zudem können die Teile zu 100% recycelt werden. Im Gegensatz zu spanabhebenden oder anderen Verfahren, auch aus der Oberflächentechnik, gibt es keine Verluste. Es ist zudem gegenüber der Warmmassivumformung viel genauer und ein Materialschwund durch das Abkühlen tritt nicht auf. Auch bezüglich der Oberflächentechnik ist die Kaltmassivumformung im Vorteil, denn es sind in den meisten Fällen keine weiteren Oberflächenbearbeitungen notwendig. Gegenüber der Warmmassivumformung entfällt das Erhitzen der Werkstücke auf hohe Temperaturen, allerdings ist für die Pressen mit hohen Investitionskosten zu rechnen. Von daher lohnt sich die Kaltmassivumformung nicht für Einzelstücke, sondern für große Stückzahlen.
Typische Produkte sind Schrauben und Hülsen oder Formteile für die Automobilindustrie. Auch Münzen werden auf diese Weise hergestellt. In vielen Industrien, wie der Auto-, Bahn- oder Luftfahrzeugindustrie und dem Maschinenbau ingesamt werden Massivumformbauteile eingesetzt. Neben der großen Formenvielfalt sind heutzutage auch das Recyclingpotenzial und die Möglichkeit einer ressourcenschonenden Prozessführung Faktoren, die ausschlaggebend sind, sich für eine Massivumformung und hierbei besonders für die Kaltmassivumformung zu entscheiden.