Biologisch abbaubare Schmierstoffe - Hand taucht in Wasser
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Biologisch abbaubare Schmierstoffe – weniger Gefahren für die Umwelt

Ein Tropfen Öl genügt, um bis zu 1.000 Liter Wasser zu verschmutzen. Gelangt nicht biologisch abbaubarer Schmierstoff in den Boden oder sogar ins Grundwasser, kann das große ökologische Schäden zur Folge haben. Daher ist es vor allem in sensiblen Bereichen wie der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft oder der Wasserwirtschaft wichtig, bei der Auswahl von Schmiermitteln auf das Prädikat „biologisch abbaubar“ zu achten. Aus ökologischer Sicht ist der Einsatz solcher Produkte überall sinnvoll, wo sich Stoffeinträge in die Umwelt nicht vollständig vermeiden lassen.

Was bedeutet biologisch abbaubar?

Es bedeutet, dass Stoffe durch natürlich vorkommende Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen oder Pilze vollständig in anorganische Substanzen zersetzt werden, die keine Toxizität aufweisen (z. B. CO2, Wasser, Salze und Biomasse). Die Kleinstlebewesen ernähren sich, indem sie die Moleküle aufspalten. Dabei greifen sie die chemischen Strukturen zuerst an, die am anfälligsten für den mikrobiellen Zerfall sind. Dadurch werden beispielsweise pflanzliche Öle schneller abgebaut als Mineralöle.

Einweg-Plastikbecher - Biologisch abbaubare Schmierstoffe
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Um als biologisch abbaubar zu gelten, müssen Schmiermittel besondere Anforderungen erfüllen, die zum Beispiel durch das European Eco Label (EEL), die Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) oder das Umweltzeichen Blauer Engel (RAL-UZ) definiert sind. Mindestens 95 Gewichtsprozent eines Produkts müssen leicht biologisch abbaubar sein, während höchstens zwei Gewichtsprozent der Bestandteile nicht abbaubar sein dürfen.

Grundsätzlich existieren zwei Arten von Schmierstoffen, die biologisch abbaubar sind:

  • von Natur aus
  • leicht bzw. schnell biologisch abbaubare

Als von Natur aus biologisch abbaubar gelten Schmierstoffe, die sich innerhalb von 28 Tagen um mehr als 20 Prozent zersetzen. Dieses Kriterium erfüllen die meisten Schmiermittel auf Mineralölbasis (bis ISO VG 320). Allerdings können bis zum vollständigen Abbau dieser Substanzen selbst bei optimalen Bedingungen Jahre vergehen. Grund hierfür ist, dass Mineralöle komplexe Mischungen aus Kohlenwasserstoffen sind, deren Zersetzung bestimmte Enzyme erfordert. Diese kommen in der Umwelt nicht überall in ausreichender Konzentration vor, was den Abbauprozess verlangsamt.

Bei leicht biologisch abbaubaren Schmierstoffen beträgt die Abbaubarkeitsrate im gleichen Zeitraum über 60 Prozent. Das schaffen nur sehr wenige hochraffinierte Mineralöle.

Woraus bestehen schnell biologisch abbaubare Schmierstoffe?

Grundsätzlich gliedern sich leicht abbaubare Schmierstoffe in folgende drei Stoffklassen:

  • natürliche Ester (z. B. aus Rapsöl, Sojaöl, Sonnenblumenöl, Rizinusöl)
  • synthetische Ester auf Mineralöl- oder Pflanzenbasis (z. B. Dicarbonsäureester, Polyolester, aromatische Ester, Komplexester)
  • Polyalkylenglykole auf Mineralölbasis (z. B. PEG 600, Polyethylenglykole)

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Angesichts der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit wird derzeit außerdem vermehrt daran geforscht, Schmierstoffe für die industrielle Anwendung wasserbasiert herzustellen. Wasserbasiert bedeutet in diesem Fall einen hohen funktionellen Wasseranteil, wobei Grundöl durch Wasser ersetzt oder Wasser als Additiv hinzugefügt wird.

Sowohl bei den natürlichen als auch bei den synthetischen Estern handelt es sich um Alkohol-Carbonsäure-Verbindungen. Diese können durch Reaktion mit Wasser unter erhöhten Temperaturen wieder in ihre Ausgangsbestandteile zerfallen (Ester-Hydrolyse).

Als Rohstoffe für natürliche Ester dienen Öle aus den jeweiligen Ölpflanzen. Diese werden ausgepresst oder anderweitig extrahiert und anschließend durch Raffination von Wasser, Wachsen und anderen Begleitstoffen wie freien Fettsäuren, Schwefel- und Phosphorverbindungen befreit.

Die Ausgangsstoffe für synthetische Ester kommen zumeist aus der Petrochemie. Es können aber auch Fettsäuren aus natürlichen Fetten und Ölen Verwendung finden.

Polyalkylenglykole stammen ebenfalls aus der Petrochemie. Typische Grundsubstanzen sind Ethylenoxid, Propylenoxid und Butylenoxid.

Um das Umweltzeichen des Umweltbundesamtes zu erhalten, muss die chemische Zusammensetzung biologisch abbaubarer Schmierstoffe bestimmte Auflagen erfüllen. Sie dürfen keine Toxizität aufweisen und keine krebserzeugenden, fortpflanzungsgefährdenden, erbgutverändernden oder umweltgefährdenden Stoffe enthalten. Ebenso wenig zulässig sind Substanzen, die als stark wassergefährdend klassifiziert werden.

Polyethylenglycol 4000 in pharmazeutischer Qualität
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Wie leistungsfähig sind biologisch abbaubare Schmierstoffe?

Dank moderner Forschung entspricht die Leistungsfähigkeit biologisch abbaubarer Schmiermittel der herkömmlicher Schmierstoffe. Hochleistungsschmierstoffe erfüllen alle Anforderungen an Viskosestabilität, Verschleißreduzierung, Oxidationsvermeidung, Schaumbildung, Demulgierbarkeit und weitere Eigenschaften in vollem Umfang. Unterlegen sind sie mineralölbasierten Schmiermitteln lediglich bei Spezialanwendungen und extrem hohen Temperaturentwicklungen.

Welche Anwendungsbeispiele gibt es?

Der Einsatz von Schmierstoffen mit dem Prädikat „biologisch abbaubar“ empfiehlt sich beispielsweise bei der Verlustschmierung von Schienen, Blockzügen und Weichen, der Abdichtung oder ähnlichen Anwendungsbereichen, in denen von Haus aus hohe Schmiermittelverluste auftreten. In der Forstwirtschaft gelangen jährlich ebenfalls rund 10.000 Tonnen Kettenschmierstoffe in die Natur. Und auch in der Land- und der Bauwirtschaft können durch Leckagen und andere Störungen signifikante Mengen verloren gehen. Weitere typische Anwendungsbeispiele sind die Wasserwirtschaft, die Schifffahrt und der Bergbau.

Kühlschmiermittel

Die größte Menge an Bioschmierstoffen findet in Form von Metallbearbeitungsölen oder Kühlschmiermitteln in der fertigenden Industrie Verwendung. Mögliche Einsatzfelder für die industrielle Anwendung sind spanende Bearbeitungsverfahren wie Drehen, Bohren, Fräsen und Schleifen, aber auch andere Metallbearbeitungsmethoden wie Pressen, Stanzen, Drahtziehen oder Tiefziehen.

CNC-Maschine-Kuehlschmierstoffe
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Hydrauliköle

Üblicherweise bestehen Bio-Hydrauliköle aus Rapsöl, dem natürliche Ester beigemischt werden (HETG = Hydraulic Oil Environmental Triglyceride) oder bei dem durch Umesterung eine Modifizierung erzielt wird (HEES = Hydraulic Oil environmental Ester Synthetic). Durch diese chemische Zusammensetzung sind sie biologisch abbaubar. HETG eignet sich gut für normal belastete Arbeitsfahrzeuge (z. B. Mähdrescher, Müllfahrzeuge), hat jedoch eine niedrigere Tanktemperatur- und Kältebeständigkeit als HEES. Dieses wiederum kann bei schwereren Maschinen (z. B. Forstfahrzeuge, Planierraupen, Bagger, Erdbohrer) zum Einsatz kommen.

Verlustschmieröle und -fette

Diese Schmiermittel kommen dort zum Einsatz, wo es in erster Linie um Reibungsreduzierung an offenen Systemen geht. Das betrifft vor allem bewegliche Elemente an Bahnen und Gleisanlagen, Land- und Forstmaschinen sowie wasserbaulichen Anlagen wie Schleusen und Wehren. Die dort genutzten Fette werden durch Abrieb abgetragen. Dass sie in die Natur gelangen, lässt sich kaum vermeiden. Daher bietet eine hohe Abbaubarkeitsrate in diesen Anwendungsbereichen große Umweltvorteile.

Motoröle

Bio-Motoröle für 2- und 4-Takt-Motoren bestehen für gewöhnlich aus synthetischen Estern auf der Basis von Pflanzenölen. Sie schmieren nicht nur die beweglichen Teile von Fahrzeugmotoren, sondern können durch den Verzicht auf phosphor- oder zinkhaltige Additive auch die Lebensdauer von Katalysatoranlagen verlängern.

Motoroel
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Getriebeöle

Als biologisch abbaubar gekennzeichnete Getriebeöle werden in erster Linie in der Landwirtschaft eingesetzt. Bezüglich ihrer Eigenschaften sind sie mit mineralölbasierten Ölen vergleichbar. Hinsichtlich Viskosität können sie diese sogar übertreffen.

Biologisch abbaubar bedeutet nicht gänzlich ungefährlich

Trotz ihrer Nachhaltigkeit und aller Umweltvorteile können im Havariefall auch diese Schmierstoffe eine Gefahr für die Pflanzen- und Tierwelt darstellen. Dringen sie in das Erdreich ein, breiten sie sich ebenso schnell aus wie Mineralöl. Aufgrund der hohen Abbaurate werden bis zu zehn Liter als unbedenklich angesehen. Bei größeren Mengen ist eine Sanierung erforderlich, wobei jedoch höhere Sanierungsgrenzwerte gelten als bei Mineralölprodukten.

Das Eindringen der Schmiermittel in Gewässer ist strikt zu vermeiden. Kommt es zu einer Kontaminierung, müssen die Produkte schnellstmöglich wieder entfernt werden. Treten Schmierstoffe auf Verkehrsflächen aus, sollten sie aus Sicherheitsgründen ebenfalls rasch beseitigt werden.

Kühlschmierstoffe von Kluthe verhelfen metallverarbeitenden Betrieben zu mehr Nachhaltigkeit

Die Chemischen Werke Kluthe GmbH haben sich das Engagement in Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und setzen alles daran, ihren Kunden innovative und zugleich ressourcen- und umweltschonende Lösungen anzubieten. können. Mit Schmierstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Hakuform 70-40 OF und vielen Weiteren hat das UnternehmenKühlschmierstoff-Serien im Programm, die biologisch abbaubar sind. Weiterhin vertreibt das Unternehmen auch die zwei Kühlschmierstoff-Serien Hakuform S und Hakuform SE aus recycelten Basisölen, die somit hohe CO2e-Einparungen erzielen können.

Kuehlschmierstoff

Die Produkte überzeugen nicht nur durch Umweltfreundlichkeit, sondern auch durch universelle Einsetzbarkeit, Höchstleistungen bei Zerspanungsergebnissen und außergewöhnliche Anwenderfreundlichkeit. Somit ermöglichen sie es metallverarbeitenden Unternehmen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, ohne Leistungskompromisse eingehen zu müssen.

Über Julian Senn

Julian Senn studierte Biochemie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie Nachhaltigkeitswissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. Von 2020 bis 2022 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg im Bereich Ökobilanzierung und Carbon Footprinting von biobasierten Chemikalien, Materialien und nachwachsenden Rohstoffen. Seit 2022 ist er Sustainability & Communications Manager bei der Chemische Werke Kluthe GmbH.