« Was heißt das eigentlich? »
Viele Mikroorganismen wandeln organische Stoffe in körpereigene Stoffe um und lassen dabei Kohlendioxid, Wasser sowie Salze übrig. Das ist biologischer Abbau. Pflanzen bekommen so die Nährstoffe, die sie für den Aufbau organischer Stoffe brauchen. Biologisch abbaubare Produkte sind künstlich erzeugte Stoffe, die sich in diesen Kreislauf einfügen können. Hier erfahren Sie, wie der biologische Abbau verläuft, welche in der Oberflächentechnik verwendeten Produkte biologisch abbaubar sind und wie dies nachgewiesen wird.
Biologischer Abbau – Grundbegriffe
Organische und anorganische Stoffe
Biologisch abbaubare Produkte verhalten sich in der Natur wie abgestorbene Lebewesen. Das Leben auf der Erde beruht auf den chemischen Verbindungen des Kohlenstoffs. Die Chemie unterscheidet anorganische und organische Verbindungen.
Autotrophe und heterotrophe Ernährung
Um das Leben kümmert sich die Biologie. Sie unterscheidet autotrophe und heterotrophe Lebewesen. Autotroph sind diejenigen (Pflanzen, Algen, einige Bakterien), die sich von anorganischen Stoffen ernähren und Ihre Energie aus dem Sonnenlicht beziehen. Heterotrophe Lebewesen (Tiere, Pilze, viele Bakterien) ernähren sich von organischen Stoffen. Produkte, die als Nahrungsmittel für derartige Organismen taugen, sind auf biologischem Weg abbaubar.
Aerobe und anaerobe Lebensweise
Nutzen die heterotrophen Organismen Sauerstoff, um aus der Nahrung Energie zu gewinnen, handelt es sich um eine aerobe Lebensweise. Mikroorganismen, die zu dieser Gruppe gehören, produzieren während des Wachsens und bei der Vermehrung vor allem Kohlendioxid, Wasser und Salze. Die natürlichen Vorgänge, die auf dieser Grundlage ablaufen, sind die Verwesung von tierischen, die Verrottung von pflanzlichen und der biologisch bewirkte Abbau von künstlichen Reststoffen.
Die andere Gruppe von Individuen lebt anaerob. Da hier die Sauerstoffzufuhr von außen fehlt, ist in den Abbauprodukten auch nur so viel davon enthalten, wie in der Nahrung vorhanden war. Anaerobe Mikroorganismen erzeugen deshalb hauptsächlich Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Der zugrundeliegende natürliche Prozess ist die Fäulnis von pflanzlichen und tierischen Reststoffen. Dieser Vorgang wird in Biogasanlagen technisch genutzt.
Biologisch abbaubare Produkte in der Oberflächentechnik
Die Oberflächentechnik verwendet auf vielen Gebieten organische Verbindungen. Die wichtigsten Medien sind:
- Schmiermittel
- Kühlschmierstoffe
- Reinigungsmittel und Spülmedien
- Lacke und Farben
Kluthe bietet in dieser Rubrik zum Beispiel unter dem Oberbegriff “Aquapurgeprodukte” Spülmedien für wasserbasierende Lacksysteme an. Diese Produkte sind vorrangig auf Tensiden aufgebaut. Ähnliche Tendenzen haben bei der Entwicklung von Schmiermitteln und Kühlschmierstoffen fußgefasst. Dabei steht die Chemietechnik vor der Herausforderung, Medien zu entwickeln, die biologisch abbaubar sind und trotzdem während des Betriebes keimfrei bleiben. Die Entwicklung solcher Stoffe gehört zur Strategie der Nachhaltigkeit von Kluthe.
Lacke und Farben sollen Oberflächen schützen und die Lebensdauer der darunterliegenden Bauteile verlängern. Selbstverständlich müssen diese Stoffe dem Angriff durch Mikroorganismen standhalten. Im Interesse der Nachhaltigkeit sind sie möglichst vollständig aus dem Abwasser zu entfernen, bevor dieses einem Klärwerk zugeführt wird.
Biologischer Abbau im Klärwerk
Biologisch abbaubare Produkte aus der Oberflächentechnik dürfen möglichst nicht in natürliche Gewässer gelangen. Größere Mengen würden beim aeroben Abbau einen akuten Sauerstoffmangel bewirken. Fehlt der Sauerstoff sterben die Bewohner des Gewässers und anaerobe Mikroorganismen übernehmen. Das bedeutet die organischen Stoffe beginnen zu faulen, was sich durch den Geruch der klimaschädlichen Gase Schwefelwasserstoff und Ammoniak bemerkbar macht. Der Gewässerschutz ist Bestandteil der Nachhaltigkeit und erfordert, die Abwässer in Klärwerken zu reinigen.
Im Klärwerk arbeiten Mikroorganismen intensiv am biologischen Abbau der Inhaltstoffe des Abwassers. Den größten Teil der Arbeit erledigen aerobe Organismen, die Belebtschlämme oder Bakterienrasen bilden. Belebtschlämme befinden sich meistens in Becken, in denen sie zusammen mit dem Abwasser durch Druckluft umgewälzt oder über Pumpen verrieselt werden. Ein Bakterienrasen ist eine Schicht Biomasse, durch die das Abwasser hindurchsickert. Die Zufuhr des Wassers erfolgt über sogenannte Tropfkörper, die den Rasen gleichmäßig mit dem Abwasser versorgen. Die Prozessführung verschafft den Kleinstlebewesen den für den Abbau erforderlichen Sauerstoff. Den nutzen sie – wie Menschen und Tiere bei der Atmung – für die Energiegewinnung. Dadurch wird dem Abwasser der größte Anteil des Kohlenstoffs entzogen.
Einige Klärwerke betreiben damit Faultürme, in denen er durch anaerobe Mikroorganismen zu Biogas umgesetzt wird. In anderen Fällen wird der Klärschlamm getrocknet und verbrannt. Manchmal kann er auch als Dünger genutzt werden.
Ermittlung der biologischen Abbaubarkeit von Chemikalien
Primärabbau
Bevor Mikroorganismen die organischen Stoffe als Nahrung nutzen können, müssen sie diese zunächst in Bruchstücke aufspalten. Sie produzieren Enzyme, die größere Moleküle zersetzen. Diese Phase ist der Primärabbau, der in Laboren gemessen werden kann. Dabei wird eine Probe des zu untersuchenden Stoffes unter genormten Bedingungen mit Mikroorganismen vermischt. Nach Ablauf einer festgelegten Zeitspanne wird festgestellt, wie viel Ausgangsstoff in der Probe noch nachweisbar ist. Der Stoff gilt als biologisch abbaubar, wenn ein bestimmter Grenzwert erreicht ist. Bei Tensiden in Spülmedien aus der Oberflächentechnik beträgt dieser Grenzwert 80 %.
Endabbau
Entscheidend für die Bewertung von Produkten ist jedoch der vollständige aerobe Abbau, bei dem nur noch Biomasse und die anorganischen Stoffe übrigbleiben. Für diese Untersuchung stehen unterschiedliche Testmethoden zur Verfügung, bei denen eine Probe mit Mikroorganismen vermischt und eine festgelegte Zeitspanne unter konstanten Umgebungsbedingungen aufbewahrt wird. Die Kleinstlebewesen stammen – je nach Verfahren – aus dem Belebtschlamm oder dem Ablauf eines örtlichen Klärwerkes. Die Bewertung der vollständigen Abbaubarkeit des Ausgangsstoffes erfolgt über die Messung der Menge von erzeugtem Kohlendioxid, der Menge von verbrauchtem Sauerstoff oder den Vergleich des Biologischen Sauerstoffbedarfs (BSB) bei Versuchsende mit dem Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) bei Versuchsanfang.
Das Kohlendioxidaufkommen und der Sauerstoffverbrauch ermöglichen die Berechnung der Menge des aus der Probe verbrauchten Kohlenstoffs. Der Chemische Sauerstoffbedarf gibt an, wie viel Sauerstoff bei der chemischen Umsetzung aller oxidierbaren Stoffe in einer Probe verbraucht wird. Der biologische Sauerstoffbedarf ist die Menge Sauerstoff, die Mikroorganismen für die Zersetzung einer Probe benötigen. Beide Werte werden nach genormten Methoden bestimmt.
Biologisch abbaubare Kunststoffe
Die Chemietechnik hat in letzter Zeit biologisch abbaubare Kunststoffe hervorgebracht. Sie dienen hauptsächlich als Verpackungsmaterial. Ob diese Produkte zu mehr Nachhaltigkeit beitragen ist jedoch umstritten, weil sie sich in der Natur verhältnismäßig langsam zersetzen und der Aufwand für die Herstellung eines “Wegwerfproduktes” zu hoch ist. Lediglich in der Landwirtschaft lassen sich derartige biologisch abbaubare Produkte als Abdeckung von bestimmten Kulturen vorteilhaft einsetzen. Sie können nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt haben auf dem Feld verbleiben und untergepflügt werden.