OEM steht als Abkürzung für “Original Equipment Manufacturer”, was auf Deutsch mit Originalausrüstungshersteller oder auch kürzer als Erstausrüster zu übersetzen ist. In vielen Industrien gibt es Hersteller, die ihre Produkte oder Komponenten nicht selber in den Handel bringen, sondern als Zulieferer für größere Unternehmen Teil von deren Lieferkette sind. Beispiele kennt man aus der Computerindustrie, wenn man mit OEM-Soft-oder Hardware zu tun hat. Ein bekannter Ausrüster ist INTEL als Hersteller von Prozessoren, die in diversen elektronischen Geräten verbaut sind. Im folgenden Beitrag wird der Fokus auf einen anderen, wichtigen Industriezweig gelegt, für den die Erstausrüster ein essentieller Teil ihrer Zulieferkette sind: die Autoindustrie.
Komplexe Lieferketten mit vielen Beteiligten
Bedenkt man, dass ein modernes Auto aus circa 10.000 Einzelteilen gefertigt wird, wird deutlich, dass ein Hersteller diese heutzutage nicht mehr alleine herstellen kann. Seit den Zeiten von Henry Ford, der damals eigene Gummibaumplantagen in Südamerika betrieb, um daraus den Kautschuk für seine Reifen zu gewinnen, hat sich einiges geändert. Die Wertschöpfungskette ist umfangreicher geworden und die gesamte Zulieferpyramide gestaltet sich komplex. Nur noch schätzungsweise 25% eines Autos werden vom eigentlichen Automobilhersteller gebaut, für alles andere sind die diversen Erstausrüster zuständig. So haben Hersteller von Originalteilen, zu denen bekannte Unternehmen wie Bosch, Conti oder auch ZF Friedrichshafen zählen, selbst eine komplexe Lieferkette, die sich in verschiedene Zuliefertypen aufteilt. Hier gibt es Lieferanten für einzelne Teile, für bestimmte Komponenten sowie für ganze Systeme oder Module. Kein Wunder, dass sich bis zum kleinsten Lieferanten Vorgaben durchsetzen, um die Qualität des Endprodukts Auto zu gewährleisten. Diese sogenannten OEM-Freigaben beinhalten dabei bestimmte Vorgaben, beispielsweise hinsichtlich der Qualität, der Sicherheit oder auch der Lieferbedingungen. Diese müssen erfüllt und vertraglich fixiert sein, damit ein Zulieferer die Freigaben für seine Produkte erhält.
Zulieferer und Hersteller – der Begriff des OEMs kann verwirren
Eigentlich werden unter dem Begriff der Erstausrüster die direkten Zulieferer der Automobilindustrie verstanden. Sie sind die eigentlichen OEMs. Deren Produkte, wie Reifen, Bremskomponenten, ganze elektronische Bauteile und Module, werden schließlich direkt im Werk in das Fahrzeug eingebaut. Andererseits bezeichnen sich auch die Autohersteller, wie Daimler, BMW oder Volkswagen, als OEMs. Und zu guter Letzt findet man diesen Begriff manches Mal auch im sogenannten “Aftermarket” – also im Markt für Ersatzteile. Hier begegnet man dem Begriff des “OE” – Original Equipment. Dieser bedeutet allerdings nur, dass das angebotene Teil dem Originalteil in Größe und Form gleich ist. Freigaben, wie sie für die Produktion gefordert werden, müssen diese Teile nicht durchlaufen.
Was besagen OEM-Freigaben denn nun?
Generell heißt die Freigabe durch einen Hersteller, dass ein bestimmtes Bauteil seinen Ansprüchen entspricht und im Endprodukt verbaut werden darf. Damit diese Zulassung erfolgt, muss ein Bauteil diverse, oftmals aufwändige Tests durchlaufen, bis alle Vorgaben abgefragt und überprüft sind. Zu dieser sogenannten Erstbemusterung gehören verschiedenste Qualitäts- und Sicherheitsvorgaben, aber auch das Zuliefererunternehmen selber muss bestimmte Vorgaben erfüllen. Dazu zählt beispielsweise, dass ein Qualitätsmanagementsystem gemäß der ISO-Norm 9001 eingerichtet ist. Dieser Prozess der Erstbemusterung ist zeitintensiv und kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.
OEM-Freigaben in der Zuliefererkette
Achsträger, Lenkstabilisatoren, Karosserieteile – die Vielzahl an Bauteilen ist hoch und damit die Zahl der Prüfungen und Vorgaben. Aber damit nicht genug. Jedes Bauteil muss seine Funktion im Auto erfüllen und möglichst lange halten. Damit ist nicht nur die mechanische Langlebigkeit – Stichwort Motor – gemeint, sondern auch der Schutz von Oberflächen. Außen muss die Karosserie Witterungseinflüssen standhalten und vor Korrosion geschützt werden, im Inneren gibt es eine Vielzahl an Kunststoffbeschichtungen. Arm- und Kopfstützen, Lenkrad oder Konsolen müssen ihre Funktion erfüllen, und wenn es “nur” eine angenehme Oberfläche ist, und möglichst lange halten. Jedes Teil muss dafür unterschiedlich vorbehandelt und beschichtet werden. Auch hier gelten Vorgaben für die zu verwendenden Beschichtungsprodukte und Lacke.
Auch Automotive-Lacke brauchen OEM-Freigaben
Unter dem Begriff Automotiv-Lack versteht man alle Arten von Beschichtungen, die für ein Fahrzeug eingesetzt werden. Dazu zählt nicht nur der Lack für die Karrosserie, sondern dazu zählen auch Pulver- und Kunststoffbeschichtungen für alle Arten von Oberflächen. OEM-Lacke sind dabei die Originallacke, die für die Lackierung von Neuwagen eingesetzt werden, während sogenannte Refinish-Lacke für Reparaturen am fertigen, sich im Gebrauch befindlichen Auto genommen werden. Ist dies einmal notwendig, wird die zuständige Autolackiererei auf die entsprechenden Lacke zurückgreifen.
Für Neuwagen gilt, dass nur zugelassene Lacke und Beschichtungen zulässig sind. Fünf verschiedene Schichten werden in der Autolackiererei auf das blanke Metall der Karrosserie aufgetragen, bevor das Auto am Ende als glänzender Neuwagen diese verlässt. Grund-, Basis- und Klarlacke müssen ihre eigenen Freigaben haben, damit sie die Autolackiererei nutzen darf. Auch bei der KFZ-Lackierung gehen einer solchen Freigabe intensive Tests durch den Hersteller voraus inklusive einer gründlichen Qualitätsprüfung. Nur dann ist schließlich gewährleistet, dass der Lack den Vorgaben für die gewünschte Lackierung des fabrikneuen Fahrzeugs entspricht. Weitere Kriterien, die von Automobilherstellern gerade im Bereich Autolackierung gefordert werden, sind auch eine weltweite Verfügbarkeit der Produkte sowie der Service durch den Lackhersteller. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass global immer die gleichen Produkte in der gleichen Qualität für die Lackierung eingesetzt werden.
OEM-Freigaben sind ein Mittel, um den hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard in der Autoindustrie über die gesamte Zuliefererkette zu gewährleisten – und damit im Endeffekt Sicherheit und Langlebigkeit für das eigene Auto.