« In welchen Kernbereichen lassen sich Umweltschutzmaßnahmen umsetzen? »
Das wachsende öffentliche Interesse für mehr Umweltschutz führt dazu, dass immer mehr Unternehmer Verantwortung für eine lebenswerte Umwelt wahrnehmen und bessere Umweltschutzmaßnahmen in ihren Unternehmen durchführen wollen. Die chemische Industrie mit ihren hohen Produktionsvolumen ist hierbei besonders gefordert. Hier erfahren Sie, wo sich in der chemischen Industrie Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen ergeben.
Grüne Chemie als Leitgedanke für Umweltschutzmaßnahmen in der chemischen Industrie
Umweltschutzmaßnahmen in Unternehmen erstrecken sich vor allem auf die Reduzierung des Energieverbrauchs, der sparsame Einsatz von Rohstoffen sowie die Vermeidung von Abfall und von Emissionen schädlicher Stoffe in die Umwelt. Spezielle Maßnahmen für chemische Betriebe lassen sich aus den 12 Prinzipien der grünen Chemie ableiten. Ausführliche Erläuterungen dazu finden Sie in unserem Beitrag “Nachhaltige Chemie“.
Der Einfluss der Chemie reicht jedoch wesentlich weiter. Kaum ein Wirtschaftszweig kommt ohne die Erzeugnisse der Chemieindustrie aus. Daraus ergibt sich ein riesiges Potential, den Umweltschutz in den Unternehmen zu fördern, die die erzeugten Stoffe verwenden. Die Chemie kann dazu beitragen, dass sich insgesamt eine nachhaltige Industrie gestaltet, indem sie Chemikalien entwickelt, die beispielsweise sparsam im Verbrauch sind, sich mit weniger energetischem Aufwand weiterverarbeiten lassen, ungefährlich sind und sich recyceln lassen.
Forschung und Entwicklung für nachhaltige Technologien
Maßnahmen zum Umweltschutz in Unternehmen erfordern neue Technologien, die den gesamten Lebenszyklus der Produkte berücksichtigen. Dabei steht eine Reihe von Fragen im Raum:
- Wo sind die Rohstoffquellen?
- Welche Basischemikalien entstehen daraus?
- Welche Spezialchemikalien werden für ein bestimmtes Produkt benötigt?
- Sind die eingesetzten Produktionsverfahren nachhaltig?
- Unter welchen Bedingungen wird das Produkt verwendet?
- Lässt sich das Produkt recyceln oder umweltverträglich entsorgen?
Umweltschutz in Kernbereichen der chemischen Industrie
Zur chemischen Industrie zählen die Kernbereiche:
- organische und anorganische Grundstoffe
- Kunststoffe
- Fein- und Spezialchemikalien
- medizinische Wirkstoffe
In allen Kernbereichen gilt es, die 12 Prinzipien der grünen Chemie für den Umweltschutz umzusetzen und die sozialen Auswirkungen des Handelns in die Entscheidungen einzubeziehen.
Organische und anorganische Grundstoffe
Organische und anorganische Grundstoffe entstehen hauptsächlich aus Erdöl, Kohle, Biomasse, Mineralien, Sauerstoff und Stickstoff. Zu den organischen Grundstoffen gehören zum Beispiel Benzol, Toluol, Methanol, Ethanol oder Vinylchlorid. Anorganische Grundstoffe sind unter anderem Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure, Kalilauge und Natronlauge. Diese Stoffe werden mit einem hohen Energieaufwand in großen Mengen hergestellt und in anderen Unternehmen zu Zwischen- oder Endprodukten weiterverarbeitet.
Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergeben sich hier vor allem in der Einsparung von Energie und der damit verbundenen Reduzierung des CO2-Ausstoßes sowie in der Verbesserung der Bedingungen, unter denen die Rohstoffe gewonnen werden. Dieser Aspekt der Nachhaltigkeit wird leider häufig verdrängt.
Kunststoffe
Kunststoffe werden in großen Mengen aus organischen Grundstoffen hergestellt. Sie zeichnen sich durch ihre hohe chemische Beständigkeit und die preiswerte Verfügbarkeit aus. Das sind auch die Gründe für das Umweltproblem, das sie verursachen. Umweltschutzmaßnahmen müssen deshalb vor allem auf ihre Recyclingfähigkeit gerichtet sein. Das trifft besonders auf Verbundwerkstoffe zu. Sie sind leicht und helfen, solange sie genutzt werden, Energie zu sparen. Haben die Gegenstände ausgedient, tritt das Abfallproblem zutage.
Als Umweltschutzmaßnahmen in chemischen Betrieben eignen sich der Verzicht auf Kunststoff (beispielsweise für die Verpackung) und die sortenreine Erfassung von Kunststoffabfällen. Beim Recycling ist die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Chemietechnik gefragt, Technologien zu entwickeln, die das Problem lösen. Ein Ansatzpunkt ist die Pyrolyse, bei der sich Kunststoffe unter Einwirkung hoher Temperaturen wieder in erdölähnliche Substanzen zersetzen. Außerdem sind politische Bemühungen im Gang, den Verbrauch von Kunststoffen insgesamt zu reduzieren.
Fein- und Spezialchemikalien
Fein- und Spezialchemikalien werden durch teils aufwendige Syntheseverfahren aus unterschiedlichen Grundstoffen hergestellt. Feinchemikalien sind Substanzen, die man in geringen Mengen beispielsweise für Analysezwecke benötigt. Dabei kommt es darauf an, dass sie sehr rein gewonnen werden. Spezialchemikalien sind Stoffe, die wegen ihrer speziellen Wirkung benötigt werden. In die Gruppe gehören zum Beispiel Farben und Lacke, Reinigungsmittel und Klebstoffe sowie Mittel zur Körperpflege. Bei der Nutzung werden diese Stoffe verbraucht. Deshalb ist es wichtig, sie nicht nur durch grüne Chemie herzustellen, sondern auch für den sicheren Umgang durch den Nutzer zu sorgen.
Um das sicherzustellen, wurden zum Beispiel Verwendungsverbote für bestimmte gefährliche Stoffe (z. B. ChromVI-Verbindungen, FCKW, Quecksilber, persistente organische Schadstoffe, die sich lange in der Umwelt halten) erlassen.
Medizinische Wirkstoffe
Für die Herstellung medizinischer Wirkstoffe trifft in Bezug auf Umweltschutz das zu, was auch für Fein- und Spezialchemikalien gilt. Im Unterschied dazu unterliegen medizinische Wirkstoffe der besonderen Arzneimittelgesetzgebung, die vor allem die Zulassung von Medikamenten und Qualitätsstandards bei der Produktion regelt. In vielen Arzneimitteln sind Stoffe enthalten, die in höherer Dosierung gesundheitsschädlich sind. Umweltschutzmaßnahmen in Unternehmen, die solche Stoffe herstellen, richten sich zum Beispiel darauf, die Freisetzung derartiger Substanzen in die Umwelt zu vermeiden.
Ein Betrag zur Nachhaltigkeit und zum Umweltschutz in diesem Bereich ist die Nutzung der Biotechnologie. Viele Medikamente werden ohnehin aus Pflanzen und Tieren gewonnen. Andere Mittel entstehen durch chemische Syntheseverfahren. Gelingt es, Mikroorganismen dazu zu bewegen, diese Wirkstoffe herzustellen, reduziert sich der Verbrauch von Energie und Rohstoffen deutlich.
[1] https://www.vci.de/langfassungen/langfassungen-pdf/2018-09-18-vci-futurecamp-metastudie-transformationspfade-chemische-industrie-d.pdf