« Wie die chemische Industrie bei nachthaltigen Produkten zu mehr Umweltschutz beiträgt »
Im Kampf um mehr Nachhaltigkeit ist die chemische Industrie doppelt gefordert. Sie selbst muss sich auf grüne Chemie umstellen. Sie muss Produkte und Verfahren liefern, die der Industrie die Umstellung von Linearwirtschaft auf Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Hier erfahren Sie am Beispiel der Oberflächentechnik, wie sich eine wirksame Ressourcenschonung erreichen lässt und warum das so wichtig ist.
Warum Ressourcenschonung alternativlos ist
Die Natur beherrscht die Kreislaufwirtschaft perfekt. Von Naturkatastrophen hat sie sich immer wieder erholt. Dafür sorgen die Naturgesetze. Deswegen wird sie auch die von Menschen verursachten Katastrophen überstehen. Naturgesetze lassen sich nun einmal nicht überlisten. Doch wahrscheinlich bleibt vieles auf der Strecke. Je weiter sich die Menschen von der Natur entfernt haben, umso mehr hat die Linearwirtschaft um sich gegriffen: Nehmen – Nutzen – Wegwerfen.
Die Natur reagiert auf die Veränderungen, wie sie muss. Die Temperatur steigt, Regionen leiden unter Dürre, andere unter Hochwasser. Es bleibt immer weniger übrig zum Nehmen und der Platz zum Wegwerfen wird rasend schnell knapp. Die Menschen, die fernab von hochentwickelten Industrieländern naturnah leben wollen oder müssen können das nicht mehr lange aushalten. Vielen anderen wird langsam klar, wie riskant ihr Handeln ist. Die Chemieindustrie hat bis in die Gegenwart hinein zur aktuellen Situation beigetragen. Sie hat aber auch das Potential, alles zum Besseren zu wenden. Kreislaufwirtschaft bedeutet: Nehmen – Nutzen – Umwandeln – wieder Nehmen. Das Umwandeln ist zum großen Teil Aufgabe der Chemie. Die Ressourcenschonung ist ein Schwerpunkt bei der Entwicklung von nachhaltigen Verfahren auf dem eigenen Fachgebiet und bei der Entwicklung von aufbereitungsfähigen Produkten für die anderen Industriezweige.
Nachhaltige Chemie als Grundlage für die Kreislaufwirtschaft
Das Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Ressourcenschonung, der sparsame Umgang mit Rohstoffen. Die wichtigsten Ressourcen der Menschheit sind allerdings der Boden, das Wasser und die Luft. Sie bilden die Grundlage für das Leben überhaupt. Die Kreislaufwirtschaft kann also nur zum Ziel führen, wenn sie ohne Umweltverschmutzung vonstattengeht. Das gelingt, wenn die 12 Prinzipien der grünen Chemie in die Praxis umgesetzt werden:
- Ressourcenschonung durch Vermeidung von Abfall
Wird Abfall von vornherein vermieden, entfällt der Aufwand für die Aufbereitung und Entsorgung. Für unvermeidbare Nebenprodukte müssen Nutzungsmöglichkeiten gefunden werden. In die Verfahren der Oberflächentechnik sind Prozessschritte zu integrieren, mit denen Hilfs- und Betriebsstoffe so behandelt werden, dass sie dem Prozess wieder zugeführt werden können.
- Ressourcenschonung durch Atomeffizienz
Chemische Reaktionen führen immer zur Bildung oder zur Trennung von Verbindungen, die sich aus Atomen zusammensetzen. Atomeffizienz bedeutet, dass sich möglichst alle Atome der Ausgangsstoffe in den Endprodukten wiederfinden.
- Umweltschutz durch sicherere chemische Umwandlungen
Der Verlauf chemischer Reaktionen hängt von den Konzentrationen der beteiligten Stoffe, vom Druck und von der Temperatur ab. Sehr hohe Drücke und Temperaturen sowie hohe Konzentrationen gefährlicher Stoffe stellen ein Risiko dar und sollten vermieden werden.
- Umweltschutz durch Entwicklung sichererer Stoffe
Als Ersatz für Chemikalien, die giftig, ätzend, leichtentzündlich, fruchtschädigend, erbgutverändernd, krebserregend oder auf andere Weise gefährlich sind, sollten der Industrie ungefährliche Stoffe zur Verfügung gestellt werden. Die Herausforderung dabei ist, dass die neuen Stoffe ihrer Aufgabe im Prozess gerecht werden.
- Umweltschutz durch Sicherere Lösungsmittel und Hilfsmittel
Viele chemische Reaktionen führen nur durch den Einsatz von Lösungsmitteln oder anderen Hilfsmitteln zum gewünschten Ergebnis. Diese Substanzen sollten möglichst durch ungefährliche Stoffe ersetzt werden, um Gesundheits- und Umweltschäden auszuschließen. Dieses Prinzip gilt gleichermaßen für die gesamte Industrie und insbesondere für die Teilereinigung und die Lackierung in der Oberflächentechnik.
- Ressourcenschonung durch Energieeffizienz
Prozesse, die bei Raumtemperatur und unter dem normalen Luftdruck ablaufen, verbrauchen deutlich weniger Energie als die anderen. Hierfür liefert die Biotechnologie erfolgversprechende Ansatzpunkte. Stellt die chemische Industrie geeignete Hilfs- und Betriebsstoffe zur Verfügung, lässt sich dieses Prinzip auch in der Oberflächentechnik umsetzen. Beispielsweise können dann Reinigungs- und Beschichtungsprozesse ebenfalls bei niedrigen Temperaturen ablaufen.
- Kreislaufwirtschaft durch erneuerbare Ressourcen
Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe trägt unter bestimmten Voraussetzungen zur Ressourcenschonung bei. Das ist allerdings nicht der Fall, wenn deren Gewinnung auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion oder der Umwelt geschieht. Als erneuerbare Ressourcen sollten Abfälle aus der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie genutzt werden. Daraus lassen sich beispielweise Schmierstoffe für die Industrie herstellen.
- Ressourcenschonung durch Verringerung von Derivaten
Derivate sind Zwischenprodukte bei chemischen Reaktionen, die häufig benötigt werden, um kompliziert aufgebaute organische Verbindungen herzustellen. Weil bei jedem Zwischenschritt zusätzliche Chemikalien verbraucht werden und Abfälle entstehen, sollten Reaktionsmechanismen entwickelt werden, die ohne Derivate auskommen. Hier ergeben sich Einsatzmöglichkeiten für die Biotechnologie.
- Ressourcenschonung durch Katalysatoren
Die meisten chemischen Reaktionen sind Gleichgewichtsreaktionen. Dabei zerfällt ein Teil der gerade entstanden Reaktionsprodukte wieder in die Ausgangstoffe während sich neue Reaktionsprodukte bilden. Irgendwann bleiben die Konzentrationen im Stoffgemisch gleich. Es stellt sich ein Gleichgewicht ein, das sich durch die Wahl der Reaktionsbedingungen in die gewünschte Richtung verschieben lässt. Mit Hilfe von Katalysatoren kann man diesen Reaktionsmechanismus umgehen und dabei Energie, Hilfsstoffe sowie zusätzliche Prozessschritte zur Stofftrennung einsparen.
- Kreislaufwirtschaft durch natürlich abbaubare Produkte
Die Produkte sollten sich natürlich abbauen lassen, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Dabei ist zu beachten, dass der natürliche Abbau der Biotechnologie überlassen wird. Die Natur wäre schnell überfordert. In der Oberflächentechnik spielt dieses Prinzip vor allem bei der Wahl von Reinigungsmitteln eine Rolle.
- Ressourcenschonung durch Echtzeitüberwachung
Bei der Echtzeitüberwachung werden Abweichungen in der Prozessführung so früh erkannt, dass sich Gegenmaßnahmen treffen lassen, bevor unbrauchbare Reaktionsprodukte entstehen. Dadurch verringert sich das Abfallaufkommen.
- Umweltschutz durch Risikovermeidung
Die Gefahr, dass infolge von Havarien, Explosion oder Feuer unbeabsichtigt gefährliche Stoffe freigesetzt werden, lässt sich vermeiden, wenn ungefährliche Stoffe unter atmosphärischen Bedingungen reagieren können. Was durch einen Brand vernichtet wurde, ist für die Kreislaufwirtschaft verloren.
Übergang von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft
Um den Übergang von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen, können die genannten Prinzipien praktisch überall in der Wirtschaft angewendet werden. Sie dienen der Prozessoptimierung mit dem Ziel, Abfall zu vermeiden, Rohstoffe und Energie einzusparen, Risiken zu verringern und Ausschuss zu verhindern. Mit diesen Mitteln erreicht man eine deutliche Ressourcenschonung. Die Kreislaufwirtschaft braucht jedoch mehr. Sie ist auf Verfahren und Produkte angewiesen, mit denen sich sämtliche Abfälle wieder als Rohstoffe nutzen lassen.
[1] https://www.umsicht.fraunhofer.de/content/dam/umsicht/de/dokumente/publikationen/2017/zirkulaere-wirtschaft-fuer-chemische-industrie-gesamtstudie.pdf [2] https://www.chemiehoch3.de/fileadmin/user_upload/Home/Handlungshilfen/Leitfaeden/Kreislaufwirtschaft/Chemie3-Leitfaden_Einstieg_in_die_Kreislaufwirtschaft_in_der_chemischen_Industrie.pdf