« Wo umweltschonende Prozesse Einzug halten »
Mit dem “green deal” möchte die Politik eine nachhaltige Wirtschaft fördern. Für Unternehmen bedeutet dies, ihren Beitrag zu leisten und zu überlegen, wie sie ihre Unternehmenstätigkeit ressourceneffizient und ökologisch ausrichten können. Die eigene Produktion, Logistik und die innerbetrieblichen Abläufe stehen dabei genauso im Fokus wie die nachhaltige Produktentwicklung. Schließlich geht es darum, neue Lösungen für etablierte Prozesse zu erarbeiten – zum Beispiel für die Oberflächentechnik.
Wie müssen nachhaltige Prozesse in der Oberflächentechnik gestaltet sein?
Um Oberflächen zu bearbeiten und zu verändern werden unterschiedliche Verfahren nacheinander eingesetzt. Der erste Schritt, die Oberflächenvorbehandlung, kann dabei aus einer chemischen oder mechanischen Behandlung bestehen. Auch eine Kombination aus beidem ist möglich. Darauf folgt in der Regel ein Beschichtungsschritt, beispielsweise durch eine Lackierung, eine Pulverbeschichtung oder chemische Beschichtungsverfahren, wie das Feuerverzinken.
Dazwischen und danach sind Spülvorgänge notwendig – nicht nur für das Werkstück, sondern auch für die eingesetzten Maschinen. Betrachtet man diese Prozesse aus einer Umwelt- und Nachhaltigkeitsperspektive so werden vor allem die Aspekte Energie sowie Sicherheit und Gesundheitsschutz eine wichtige Rolle spielen.
Das Feuerverzinken, bei dem ein Werkstück in geschmolzenes Zink bei Temperaturen um die 450°C eingetaucht wird, ist ein energieintensiver Prozess. Die chemische Vorbehandlung durch Beizen erfordert den Einsatz von aggressiven Chemikalien und bei spanenden Umformprozessen werden, je nach Prozess, Kühlschmierstoffe auf Mineralölbasis eingesetzt. In puncto Sicherheit und Gesundheitsschutz sind besondere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, vom Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit wären sicherere und nicht toxische Alternativen wünschenswert.
Schließlich werden viele Prozesschemikalien in der Oberflächentechnik eingesetzt, die aus Erdöl hergestellt werden. Deren Einsatz durch Recycling zu verringern, ist eine Option hin zu einer nachhaltigeren Prozessführung. Andere Varianten bestehen darin, erneuerbare Rohstoffquellen für deren Synthese zu nutzen. Schließlich wird für Spülschritte viel Wasser benötigt und es entstehen Abwässer, die, je nach Belastungsgrad, getrennt entsorgt werden müssen. Achtet man an dieser Stelle auf Prozesschemikalien, die nicht toxisch aber umweltfreundlich sind, lohnt sich deren Einsatz auch ökonomisch.
Kurzes Zwischenfazit zur Prozessnachhaltigkeit
Nachhaltige Prozesse in der Oberflächentechnik sollten möglichst umweltfreundlich, ressourceneffizient und sicher gestaltet sein. Dadurch können auch ökonomische Vorteile realisiert werden, wenn beispielsweise die Kosten für die Abwasserentsorgung gesenkt werden.
Somit ist das Primat der Nachhaltigkeit – die Balance zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialen Aspekten, zu denen man in diesem Fall die Sicherheitsaspekte und den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen sollte – erfüllt.
Wo es bereits umweltschonende Alternativen gibt…
Nachhaltige Kühlschmierstoffe
Um die bei Zerspanungs- und Umformungsverfahren entstehende Wärme abzuführen, die Reibung zwischen Werkstück und Maschine zu verringern sowie Späne und andere Feststoffe abzuführen, werden Kühlschmierstoffe eingesetzt. Dabei handelt es sich um komplexe Gemische aus Kohlenwasserstoffen, teilweise mit aromatischen Anteilen, die entweder auf Mineralölbasis oder synthetischer Basis hergestellt werden. Eine Reihe an Zusatzstoffen und Additiven sind als bedenklich einzustufen, beispielsweise Dicyclohexylamin (DCHA). Auch entstehen bei der Arbeit mit Kühlschmierstoffen Ölnebel und es können sich bei der Anwendung zum Teil entzündliche Aerosol-Luft-Gemische bilden.
Eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Produktentwicklung setzt, wie oben bereits beschrieben, an diesen Punkten an. Es gibt bereits wassermischbare Kühlschmierstoffe, die ohne aromatische Kohlenwasserstoffe oder als bedenklich einzustufende Additive auskommen. Außerdem haben diese Kühlschmierstoffe einen höheren Flammpunkt und einen niedrigen Verdampfungsverlust, wodurch die Entstehung von Nebeln verhindert wird.
Neben synthetischen oder mineralölbasierten Kühlschmierstoffen gibt es Produkte, die sogenannte Hybase-Öle einsetzen. Diese werden aus Waste Oil gewonnen – ein echtes Recycling und damit ein Weg hin zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft, bei dem bis zu 75% CO2 gegenüber den konventionellen Verfahren eingespart wird.
Prozesse bei niedrigeren Temperaturen und mehr…
Durch die Phosphatierung werden auf Metallen, hauptsächlich Stahl, Konversionsschichten erzeugt, die als festhaftender Korrosionsschutz dienen und einen idealen Untergrund für abschließende Beschichtungen bilden.
Eines der häufigsten Verfahren ist die Zinkphosphatierung. Dieses Verfahren gibt es in einer optimierten Variante. Bei dieser kann durch Zugabe eines Aktivierungsmittels die Badtemperatur um 10°C bis 15°C erniedrigt werden.
Statt bei 45°C – 55°C läuft die Zinkphosphatierung hier bei 35°C – 40°C ab. Zusätzlich ist der Chemikalienverbrauch geringer und es wird weniger Schlammabfall erzeugt. Zuletzt – und hier spielt die ökonomische Variante eine Rolle – kann das Verfahren ohne Umbaumaßnahmen umgesetzt werden. Auch dies ist ein gutes Beispiel für Nachhaltigkeit.
Nicht nur die Beschichtung, sondern auch die Entlackung gehört zu Verfahren, die in der Oberflächentechnik eingesetzt werden. Mit Hilfe der Kalt- oder Heißentlackung wird die Oberfläche gereinigt. Bei der Heißentlackung, die in Bädern bei Temperaturen zwischen 20°C und 120°C abläuft, ist es möglich, die Abfallprodukte aufzubereiten. Sie werden einem Recycling zugeführt und können anschließend wieder genutzt werden. Wenn für den Transport zudem auf eine grüne Logistik geachtet wird, sind viele Aspekte aus Sicht der Nachhaltigkeit erfüllt.
Auch Zwischenschritte müssen beachtet werden…
Die Oberflächentechnik bezieht sich auf die verschiedenen Verfahren, aber dazwischen müssen immer Spülschritte geschaltet werden, um das Werkstück auf den nächsten Schritt vorzubereiten, aber auch die Maschinen. Umfassend nachhaltige Prozesse zu etablieren, bedeutet, den gesamten Prozess von Anfang bis Ende zu betrachten.
Ein Beispiel hierfür sind Lackapplikationseinrichtungen, die zwischen zwei verschiedenen Anwendungen gereinigt werden müssen. Nutzt man wasserbasierte Lacksysteme, kann für die Reinigung auch ein wasserbasierendes Spülmedium mit geringem Zusatz an Tensid genutzt werden. Viele Spülmedien enthalten zum Teil noch VOCs (volatile organic compounds), die den Trocknungsvorgang beschleunigen. In puncto Umwelt und Nachhaltigkeit aber sollte man auf diese verzichten und dafür lieber die längeren Trocknungszeiten in Kauf nehmen.
In der Oberflächentechnik hat sich in Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit einiges getan.
Die Betrachtung der Prozesse hilft einem in dieser Branche tätigen Unternehmen, Potenzial für Verbesserungen zu finden. Auf der anderen Seite braucht es Industriebetriebe, die eine nachhaltige Produktentwicklung vorantreiben und umsetzen.