Klebstoffe, Kunstharzputze, Farben oder Kühlschmierstoffe werden nicht immer sofort eingesetzt und haben zum Teil lange Standzeiten. Ein typisches Problem, dass vor allem bei langen Lager- und Standzeiten auftreten kann, ist der Befall durch Mikroorganismen und Pilze. Um dieses Problem weitestgehend zu minimieren, werden diesen Produkten standardmäßig Biozide zugesetzt. Häufig kommen dabei die sogenannten Formaldehyddepotstoffe (FAD) zum Einsatz, die über längere Zeit geringe Konzentrationen an Formaldehyd freisetzen. In diesem Kontext kommen auch Formaldehydabspalter zum Einsatz. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich?
Der Befall durch Mikroorganismen und die Folgen
Pilze und Bakterien können auf verschiedene Wege in eine Lösung gelangen, zum Beispiel wenn Konzentrate vor dem Einsatz durch Wasser verdünnt werden. Eine Keimzahl von 100 Keimen pro Milliliter, wie sie in Trinkwasser durchaus vorkommen kann, reicht für einen Befall bereits aus. Einträge durch die Umgebungsluft, durch Aufwirbelungen von Schmutz und Verunreinigungen in der unmittelbaren Umgebung oder auch durch Verschleppungen durch Zugabe eines alten Ansatzes. Schließlich darf auch der Faktor Mensch nicht vernachlässigt werden, wenn dieser beim Umgang mit Flüssigkeiten eigene Mikroorganismen, die sich beispielsweise auf der Hautoberfläche befinden, unbeabsichtigt mit einbringt.
Die Folgen eines Befalls sind immer unangenehm. So gibt es Mikroorganismen, die die in Lösungen und Emulsionen enthaltenen Komponenten abbauen können. Dazu zählen chemische Verbindungen, wie aliphatische Kohlenwasserstoffe. Dies ist natürlich unerwünscht. Weiterhin verändern sich Aussehen und Geruch der Lösung, es kann zu Schaumbildung kommen und der pH-Wert wird durch den Befall ebenfalls geändert, was im schlimmsten Fall zu Korrosionsproblemen führen kann. Schließlich können Bakterien und Schimmelpilze eine Belastung für die Atemwege der Mitarbeiter darstellen.
Biozide und Konservierungsmittel – ein wirksames Gegenmittel
Um den Befall mit Mikroorganismen zu vermeiden, enthalten Produkte wie Farben, Lacken oder Kühlschmierstoffe im Regelfall Konservierungsmittel, die deren Ausbreitung wirksam vermeiden. Chemikalien, die als Biozide eingesetzt werden, müssen eine Reihe von Eigenschaften aufzeigen.
Was ein Biozid alles können sollte
Ein Konservierungsmittel muss verschiedene Ansprüche erfüllen, wie ein breites Wirkungsspektrum, um gegen möglichst viele Mikroorganismen wirksam zu sein. Es soll schnell und möglichst langanhaltend wirken. Gleichzeitig darf es die Eigenschaften des Produkts, wie eines Lacks oder eines Kühlschmierstoffs, nicht verändern, sollte eine geringe Reaktivität gegenüber den Inhaltsstoffen aufweisen, gut löslich sein und möglichst den pH-Wert nicht signifikant verändern.
Um die Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erfüllen, sollte es eine gute Hautverträglichkeit und geringe Toxizität aufweisen. Schließlich steht, wie bei allen industriellen Prozessen, die Wirtschaftlichkeit ebenfalls im Vordergrund. Zu den Chemikalien, die viele der gewünschten Eigenschaften erfüllen, gehören die sogenannten Formaldehydabspalter.
Was sind Formaldehydabspalter?
Formaldehydabspalter, auch bekannt als Formaldehyddepotstoffe, sind Chemikalien, die über längere Zeit geringe, aber ausreichende Mengen des biozid wirkenden Formaldehyds freisetzen können. Chemisch gesehen unterteilt man die Formaldehydabspalter in zwei Gruppen: O-Formale und N-Formale. Bei ersteren handelt es sich um chemische Verbindungen, die man als Halbacetale des Formaldehyds bezeichnet. Diese sind relativ instabil und zersetzen sich schnell. Typische Beispiele sind Halbformale auf der Basis von Benzylalkohol, Ethylenglykol oder auch 1,2 – Propylenglykol.
Die zweite Gruppe der N-Formale sind sogenannte Halbaminale. Diese chemischen Verbindungen sind statt über einen Sauerstoff, wie im Fall der Halbacetale, nun über ein Stickstoffatom mit dem Formaldehydrest verknüpft. Auch diese zersetzen sich unter Freisetzung von Formaldehyd. Gleichzeitig werden Amine freigesetzt, die als basische Verbindungen den pH-Wert einer befallenen Lösung oder Emulsion wieder erhöhen. Dies wirkt ebenfalls biozid, da Mikroorganismen an bestimmte pH-Werte angepasst sind. Morpholin- oder Oxazolinderivate sowie Hexahydrotriazine sind Beispiele für Formaldehydabspalter aus dieser Chemikalienklasse. Nicht mehr zulässig sind N-Formale, die bei der Reaktion mit Wasser nitrosierbare Amine freisetzen, denn diese chemischen Verbindungen sind karzinogen.
Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit Formaldehydabspaltern
Wenn Formaldehydabspalter genutzt werden, müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um eine Gefährdung auszuschließen. Vor allem darf der freigesetzte Gehalt an Formaldehyd einen Grenzwert von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht überschreiten.
Bei der sachgemäßen Verwendung von Formaldehydabspaltern wird diese maximale Arbeitsplatzkonzentration im Regelfall nie erreicht, wenn bestimmte Schutzmaßnahmen eingehalten werden.
Die Chemikalienbehälter sollten immer dicht geschlossen aufbewahrt werden. Wenn das Biozid zugegeben wird, sollte dies mit einer geeigneten Dosiereinrichtung geschehen und gegebenenfalls eine Absaugung vorhanden sein. Hautkontakt und das Einatmen der Dämpfe müssen vermieden werden. Wichtig ist außerdem, vor der Zugabe des Biozids zu einer Lösung, deren pH-Wert zu prüfen. Ist dieser zu niedrig, zersetzt sich der Formaldehydabspalter und setzt größere Mengen Formaldehyd frei. Diese können dann die maximale Arbeitsplatzkonzentration überschreiten und zu Gesundheitsschäden führen. Das gleiche kann bei einer zu hohen Lagertemperatur passieren, weshalb 40°C nicht überschritten werden sollten. Schließlich sollten verschiedene Biozide nicht gemischt werden, um unerwünschte chemische Reaktionen zu vermeiden.
Wer sich an die Herstellerangaben hält und Formaldehydabspalter bestimmungsgemäß einsetzt, hat einen großen Teil zur eigenen Sicherheit beigetragen. Um ganz sicherzugehen, kann der Formaldehydgehalt in einer Lösung analytisch bestimmt werden. Für die schnelle Bestimmung gibt es Teststäbchen, aufwändigere Methoden bestimmen den Formaldehydgehalt photometrisch oder durch NMR. Formaldehydabspalter kommen in einer Reihe von Produkten vor. Ihre biozide Wirkung wird geschätzt und der Einsatz erfolgt problemlos, wenn man sich an alle Sicherheitsvorschriften und Herstellerangaben hält. Es gibt aber auch Alternativen, wozu Verbindungen, wie Isothiazolinone und Thiazole zählen.