Metallwerkstück-im-Galvanisierungsbad
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Wie moderne Oberflächentechnik Bauteile verschleißfest macht

Bauteileoberflächen erfüllen vielfältige Funktionen. Je nach Einsatzbereich schützen sie vor Korrosion, beeinflussen die Ästhetik und/oder gewährleisten reibungslose Bewegungsabläufe. Eine weitere wichtige Aufgabe besteht in der Verschleißminderung, die maßgeblich zur Zuverlässigkeit und einer hohen Lebensdauer technischer Komponenten beiträgt. Wie gelingt es, mit modernen Technologien Oberflächen so verschleißfest zu gestalten, dass sie selbst extremen Belastungen standhalten? Ein Blick auf aktuelle Verfahren der Oberflächenvorbehandlung offenbart die Komplexität und Funktionalität heutiger Schutzsysteme.

Was bedeutet verschleißfest?

Verschleißfestigkeit bezeichnet die Fähigkeit von Materialien oder Oberflächen, mechanischem Abrieb über längere Zeit zu widerstehen, ohne dabei an Struktur oder Funktion zu verlieren. Der Begriff taucht vor allem in technischen Kontexten auf, beispielsweise in den folgenden:

  • Produktion und Fertigungstechnik: Die Oberflächen von Werkzeugen wie Fräsern, Stanzen oder Pressen müssen verschleißfest sein, um trotz immenser Belastungen hohe Standzeiten zu gewährleisten
  • Medizintechnik: Chirurgische Instrumente, Prothesen und Implantate benötigen widerstandsfähige Oberflächen, um langfristig funktionieren zu können. Oft steht die Verschleißbeständigkeit hier in Verbindung mit Biokompatibilität.
  • Werkstoffwissenschaft: Häufig geht es in Forschung und Entwicklung um das Testen neuer Materialien und Beschichtungen, um festzustellen, wie verschleißfest sie unter unterschiedlichen Bedingungen sind.
  • Tribologie (Reibungswissenschaft): Als interdisziplinäres Feld befasst sich die Tribologie mit der Optimierung von Schmierung zur Minderung von Reibung und Verschleiß.
  • Wie verschleißfest Bauteile und Materialien sind, wird durch Eigenschaften wie Härte, Elastizität und Oberflächenstruktur bestimmt. Verbessern lässt sich der Verschleißschutz durch verschiedene mechanische, chemische, thermische und galvanische Methoden.
  • Maschinen- und Fahrzeugbau: Bauteile wie Zahnräder, Kolben, Lager und Ventile müssen Reibung und Druck dauerhaft standhalten. Ein adäquater Verschleißschutz ist daher essenziell für die Betriebssicherheit und lange Wartungsintervalle.
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Was ist der Unterschied zwischen Korrosion und Verschleiß?

Beim Verschleiß bleibt das Material chemisch intakt, verliert jedoch physikalisch durch Abrieb, Risse oder Mikrobrüche an Form oder Masse. Das kann sich auf die Passgenauigkeit und die Funktion der Bauteile auswirken. Meist zeigen sich Warnzeichen wie Spiel, Geräusche oder eine erhöhte Reibung, sodass noch die Möglichkeit besteht, rechtzeitig einzugreifen, bevor größere Schäden entstehen oder es zu einem kritischen Ausfall kommt. Über regelmäßige Messungen oder Inspektionen lässt sich Verschleiß gut beobachten und kalkulieren. Durch die Berechenbarkeit können Wartungsintervalle festgelegt werden, um verschleißanfällige Bauteile frühzeitig auszutauschen.

Bei der Korrosion verändert sich die chemische Zusammensetzung des Materials. Aluminium wird zu Aluminiumoxid, Eisen zu Eisenoxid. In Gang gesetzt wird dieser Prozess durch chemische oder elektrochemische Reaktionen mit der Umgebung, etwa mit Wasser, Sauerstoff oder Säuren. Da Korrosion auch unter der Oberfläche und in verdeckten Bereichen voranschreitet, ist sie schwer vorhersehbar. Sichtbare Anzeichen zeigen sich oft erst, wenn die strukturelle Integrität des betroffenen Bauteils bereits beeinträchtigt ist. Ein äußerlich intaktes Rohr kann innen schon so stark korrodiert sein, dass es unerwartet bricht.

Motorrad-Kette - Wie moderne Oberflächentechnik Bauteile verschleißfest macht
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Oberflächenveredelung für höheren Verschleißschutz

Die Oberflächentechnik kennt eine Vielzahl von Oberflächenbehandlungen zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit. Hier einige der wichtigsten Beschichtungsverfahren im Überblick:

Galvanisieren

Galvanisieren steht für die elektrolytische Abscheidung einer Metallschicht (häufig aus Nickel, Zink oder Chrom) auf einem Bauteil. Das Werkstück (Kathode) wird zusammen mit einer als Metallquelle dienenden Elektrode (Anode) in ein Elektrolytbad eingetaucht. Zwischen beidem fließt ein elektrischer Strom (Gleichstrom). Durch die Elektrizität lösen sich Metallionen von der Anode. Sie wandern zur Kathode und lagern sich dort als feste, gleichmäßige Schicht an. Diese verbessert sowohl die Verschleißbeständigkeit als auch den Korrosionsschutz. Besonders in der Automobilindustrie und im Maschinenbau trägt das Galvanisieren dazu bei, Bauteile vor mechanischer Beanspruchung zu schützen und ihre Lebensdauer deutlich zu verlängern.

 Eine galvanische Schicht schützt Bauteile und hält sie verschleißfest
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Hartstoffbeschichtung

Bei der Hartstoffbeschichtung wird die Werkstoffoberfläche mit einer dünnen, aber extrem harten Schicht überzogen, die gegen mechanischen Abrieb, Korrosion und hohe Temperaturen schützt. Typische Verfahren dieser Art der Oberflächenveredelung sind:

  • PVD (Physical Vapor Deposition): Beschichtungswerkstoffe werden bei 150 bis 600 °C im Vakuum verdampft und schlagen sich auf der Werkstückoberfläche nieder.
  • CVD (Chemical Vapor Deposition): Gasförmige Stoffe reagieren bei 900 bis 1.100 °C chemisch mit der Oberfläche und bilden auf dieser eine Schutzschicht, die robust und verschleißfest ist.
  • HVOF (High Velocity Oxygen Fuel): Bei dieser Technik entsteht durch thermisches Spritzen mit hoher Geschwindigkeit eine besonders verschleißfeste Oberfläche. Die Temperaturen können bei dieser Oberflächenbehandlung lokal bei über 3.000 °C liegen.
  • Laserauftragschweißen: Bei dieser punktuellen, sehr präzisen Methode werden Hartstoffe in die lokal aufgeschmolzene Werkstückoberfläche eingebracht.
  • Plasma-Pulver-Auftragschweißen (PTA): Hartmetallpulver wird bei mehr als 2.000 °C mit Plasma auf der Oberfläche aufgeschmolzen.

Gängige Hartstoffe für die industrielle Beschichtung mit diesen Verfahren der Oberflächentechnik sind Titannitrid (TiN), Titancarbonitrid (TiCN), Chromnitrid (CrN), Diamantähnlicher Kohlenstoff (DLC) und Aluminiumoxid (Al2O3).

CNC Fräse - Wie moderne Oberflächentechnik Bauteile verschleißfest macht
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Diffusionsverfahren

Im Rahmen dieser Oberflächentechnik werden Atome gezielt in die Oberflächen von Werkstücken eingebracht, um deren Eigenschaften dauerhaft zu verbessern. Der Diffusionsprozess findet meist bei Temperaturen zwischen 500 und 1.100 °C statt und dauert von wenigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen. Der Grad der Verschleißminderung wird durch die Temperatur, die Zeitdauer und die Konzentration des Mediums gesteuert. Zu den am häufigsten angewendeten Diffusionsverfahren zählen:

  • Nitrieren (mit Stickstoff): hohe Härte, geringer Verzug
  • Borieren (mit Bor): extreme Härte, Hitzebeständigkeit
  • Alitieren (mit Aluminium): hohe Abriebfestigkeit, Temperaturbeständigkeit, Korrosionsschutz
  • Sherardisieren (mit Zink): Verschleißminderung, Korrosionsschutz
  • Inchromieren (mit Chrom): Korrosions- und Verschleißschutz
  • Carbonitrieren (mit Stickstoff und Kohlenstoff): Härte, Zähigkeit
Computerisierte Wärmebehandlungsanlage, Ein moderner Ofen zum Nitrieren, Aufkohlen und Carbonitrieren
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Manganphosphatierung

Die Manganphosphatierung ist ein Konversionsverfahren, das sowohl für den Verschleiß- als auch für den Korrosionsschutz eingesetzt wird. Die Schichten sind feinkristallin, gleichmäßig und im Vergleich zu Zinkphosphatschichten deutlich härter. Typische Anwendungen finden sich bei Verzahnungsteilen und anderen stark beanspruchten Maschinenelementen, wo die Einlaufeigenschaften verbessert und der Verschleiß minimiert werden.

  • Kombination aus Verschleiß- und Korrosionsschutz

  • Dunkle, fast schwarze Oberflächen, in Verbindung mit CUSTOS- und HAKUDREN-Produkten auch als Ersatz für Brünierungen geeignet

  • Reproduzierbare Steuerung von Schichtmorphologie und Schichtdicke durch Anpassung der Beizparameter und Aktivierungsmittel

  • Vermeidung von Beiznarbigkeit durch optimierte Prozessführung

Produkte zur Manganphosphatierung aus der DECORRDAL 70er-Reihe eignen sich sowohl für den Verschleiß- als auch den Korrosionsschutz

Die durch diese Methoden der Oberflächenbehandlung erzeugten integrierten Schutzschichten bleiben dauerhaft erhalten.

Induktions- und Laserhärten

Diese hochpräzisen Verfahren zur Oberflächenhärtung kommen zur Anwendung, wenn Verschleißfestigkeit und geringer Verzug gefragt sind. Beim Induktionshärten wird das Werkstück in ein wechselndes Magnetfeld gebracht. Die dadurch entstehenden Wirbelströme erhitzen das Metall lokal, meist auf 800 bis 1.000 °C. Durch das anschließende Abschrecken bildet sich eine besonders harte Randschicht, während die Kernstruktur erhalten bleibt.

Beim Laserhärten erwärmt ein Laserstrahl die Werkstoffoberfläche lokal auf etwa 900 bis 1.400 °C. Die erhitzte Zone wird durch das umliegende Material im Zuge der sogenannten Selbstabschreckung abgekühlt. Das dabei entstehende Martensit ist besonders hart und verschleißfest und damit eine ideale Schutzschicht für hoch beanspruchte Funktionsflächen.

Thermische Spritzverfahren

Bei diesen Beschichtungsverfahren werden erhitzte oder geschmolzene Partikel (Keramiken, Metalle, Karbide) mit hoher Geschwindigkeit auf die vorbereiteten Werkstückoberflächen geschleudert. Dort erstarren sie und bilden eine mechanisch verankerte, haftfeste Schutzschicht, die verschleißfest ist. Dabei kommen unter anderen folgende Werkstoffe zum Einsatz:

  • Wolframkarbid-Kobalt (WC-Co): extrem hart, optimal für hohe mechanische Belastungen
  • Aluminiumoxid-Titandioxid (Al2O3-TiO2): für Abriebfestigkeit und gute elektrische Isolation
  • Chromkarbid (Cr3C2): ideal gegen Abrasion, hohe Korrosions- und Temperaturbeständigkeit

Chromcarbid (Cr₃C₂)

Gegenüber anderen Verfahren bietet diese Oberflächentechnik mehrere Vorteile. Sie ist sowohl für Metalle als auch für Keramiken und Verbundwerkstoffe einsetzbar und ideal zur Oberflächenhärtung temperaturempfindlicher Bauteile. Die industrielle Beschichtung ermöglicht hohe Schichtdicken von bis zu einigen Millimetern und eignet sich auch zur Wiederaufarbeitung verschlissener Teile

Über Joachim Holz

Dr. Joachim Holz studierte Chemie an der RWTH Aachen und promovierte 1999 am DWI, heute Leibniz-Institut für interaktive Materialien, in Aachen. Nach einer ersten Station bei einem Textilhilfsmittelhersteller begann er 2004 bei der Zwez-Chemie GmbH als Entwicklungsleiter und verantwortete dort später den weltweiten Vertrieb. Im Mittelpunkt seiner Aktivitäten standen (und stehen) tribologisch wirksame Beschichtung für die spanlose Kaltumformung von Metallen sowie Korrosionsschutzsysteme. Seit 2018 ist er Leiter der neu gegründeten Business Unit Forming & Protection bei der Chemische Werke Kluthe GmbH.