Für alle, die ihren CO2-Fußabdruck verringern wollen, ist ein genauer Überblick über die von ihnen verursachten Treibhausgas-Emissionen hilfreich. Konkrete Angaben zu den freigesetzten Mengen sind mittlerweile auch Bestandteil von Umweltmanagementsystemen. Außerdem steht die Aussicht auf eine verpflichtende Umweltberichterstattung für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen im Raum. Das Greenhouse Gas Protocol umfasst mehrere Standards, mit denen Sie Treibhausgasbilanzen erstellen können. Für die Auswahl der geeigneten Berechnungsmethode stehen Ihnen praktische Anleitungen zur Verfügung. Hier finden Sie einen Überblick über die Inhalte.
Woher stammt das Greenhouse Gas Protocol?
Das Greenhouse Gas Protocol, abgekürzt GHG Protocol, ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mehrerer privater Organisationen und Unternehmen. Die Koordination der Arbeiten liegt in den Händen des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und des World Resources Institute (WRI). Das World Business Council for Sustainable Development (Weltwirtschaftsrat für nachhaltige Entwicklung), vertritt dabei die Interessen der Unternehmer.
Sein Ziel ist es, die Verantwortung für den Umweltschutz ins Bewusstsein der Führungskräfte zu bringen und gleichzeitig nachhaltige Lösungen zu finden, mit denen die Unternehmen Gewinne erzielen können. Im World Resources Institute (Weltressourceninstitut) arbeiten Experten aus Wissenschaft, Ökonomie und Politik zusammen. Als Non-Profit-Organisation setzt sich das Institut für den Umweltschutz und die allgemeine Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse ein.
Warum bietet das GHG Protocol unterschiedliche Standards an?
Ein einheitlicher Standard für die Bilanzierung der Treibhausgasemissionen, der alle Bereiche und Beweggründe berücksichtigt, wäre unhandlich. Bereiche, die sich für eine Bilanzierung interessieren, sind hauptsächlich
- Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftszweige
- Organisationen
- Städte und Gemeinden
- Regierungen
Die Energie- und Rohstoffverbräuche sowie vor- und nachgelagerte Emissionsquellen unterscheiden sich in den jeweiligen Bereichen nach Menge bzw. Art sehr deutlich voneinander.
Besondere Beweggründe verlangen spezielle Vorgehensweisen, für die das GHG Protocol entsprechende Berechnungsmetoden vorsieht.
Beispiele für Motive sind
- Klimaziele setzen und nachverfolgen
- Berichterstattung
- Risikomanagement
- Imagepflege
- Teilnahme an Handel mit Emissionszertifikaten
- Treibhausgasminderungs-Potenzial von Projekten vorausbestimmen
Welche Standards sind das?
Unternehmensstandard (Corporate Standard)
Die Schwerpunkte des Unternehmensstandards liegen auf der Berechnung von und der Berichterstattung über Treibhausgasemissionen. Die Betrachtungen erstrecken sich dabei über die gesamte Lieferkette. Sie umfasst die Bereiche Scope 1 (eigene Emissionen), Scope 2 (Emissionen aus eingekaufter Energie) und Scope 3 (Emissionen aus vor- und nachgelagerten Prozessen). Auf dieser Grundlage können Firmen und Organisationen ein Treibhausgasinventar erstellen. Geeignet ist dieser Teil des Greenhouse Gas Protocol zum Beispiel für Betriebe der Oberflächentechnik, die ihre Produktion auf grüne Chemie ausrichten wollen.
Treibhausgasinventar auf Gemeindeebene (Global Protocol for Community-Scale)
Dieser Standard unterstützt Städten und Gemeinden bei ihren die Aktivitäten zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Er enthält praktische Werkzeuge für die Bestimmung der freigesetzten Mengen. Außerdem zeigt er, wie sich aus den ermittelten Werten Strategien und messbare Ziele zur Emissionsreduzierung ableiten lassen. Die messbaren Ziele ermöglichen die genaue Nachverfolgung der Auswirkungen von Aktivitäten.
Standard für Emissionsminderungs-Ziele (Mitigation Goal Standard)
Länder, Städte und Gemeinden, die sich klare Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen setzen wollen, finden in diesem Teil des GHG Protocol eine Anleitung für ihr Vorgehen. Der standardisierte Ansatz für die Bewertung und Berichterstattung eignet sich sehr gut, den Fortschritt auf dem Weg zum Ziel zu ermitteln und darzustellen.
Standard für die Einschätzung der Emissionen entlang der Wertschöpfungskette (Corporate Value Chain)
Bei der Ermittlung von Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope3) tauchen häufig Schwierigkeiten auf, weil konkrete Werte fehlen. Diesem Problem widmet sich der Corporate Value Chain. Er ermöglicht es Unternehmen, die die vor- und nachgelagerten Prozesse zu beurteilen und Schwerpunkte für Emissionsminderungen ausfindig zu machen. Damit bietet sich Unternehmen der Oberflächentechnik die Gelegenheit, nachhaltige Chemie-Produzenten zu identifizieren.
Standard für Maßnahmen der Politik (Policy and Action Standard)
Wie sich von der Politik geplante Maßnahmen und Handlungen auf den Treibhauseffekt auswirken, ist oft schwer vorauszusehen. Das GHG Protocol hilft Ländern, Städten und Gemeinden mit diesem Standard, die Klimafolgen abzuschätzen und die Nachhaltigkeit von Aktivitäten zu verbessern.
Produktstandard (Product Standard)
Wer bei der Auswahl von Maschinen, Bauelementen, Prozesschemikalien oder Hilfsstoffen auf Nachhaltigkeit setzt, kann sich mit Hilfe des Produktstandards einen Überblick über die Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus des Produktes verschaffen. Produzenten hilft dieser Standard dabei, herauszufinden, wo sich die größten Einsparpotentiale für Treibhausgasemissionen ergeben. Unternehmen der Oberflächentechnik können ihre Prozesse beispielsweise auf nachhaltige Chemie umstellen.
Projektstandard (GHG Protocol for Project Accounting)
Der Schwerpunkt dieses Projektstandards liegt auf der politikneutralen Bilanzierung von Klimaschutzprojekten. Er stellt Werkzeuge zur Verfügung, mit denen sich der konkrete Nutzen von Vorhaben ermitteln lässt. Auf dieser Grundlage können Unternehmen und Organisationen gezielt nach Aktivitäten suchen, die sie unterstützen möchten, oder eigene lohnende Projekte auf den Weg bringen.
Leitlinien des Greenhouse Gas Protocol
Die einzelnen Standards des Greenhouse Gas Protocol gehen ausführlich auf die speziellen Methoden zur Bilanzierung der Treibhausgase ein. Entsprechend aufwendig ist es, sich in diese Materie einzuarbeiten.
Folgende GHG-Leitlinien geben Interessierten die Möglichkeit, den für ihre Anforderungen und Ziele am besten geeigneten Standard zu finden und sich im System des Greenhouse Gas Protocol zu orientieren.
Scope 2 Leitlinie
Der Scope 2 Leitfaden erklärt, wie die Treibhausgasemissionen gemessen werden, die auf eingekaufte Energieträger zurückzuführen sind. Die von Scope 2 Emissionen resultieren aus der Erzeugung von Elektrizität, Dampf, Wärme und Kälte in Fremdunternehmen.
Scope 3 Leitlinie
Der Scope 3 Leitfaden hat das Ziel, die Berechnung des Treibhausgas-Inventars für vor- und nachgelagerte Prozesse zu vereinfachen. Er stellt eine Ergänzung zum Standard für die Einschätzung der Emissionen entlang der Wertschöpfungskette dar. Unternehmen und Organisatoren können damit die Basisdaten für ihre Berichterstattung zum Klimaschutz vervollständigen.
Leitlinie für die Landwirtschaft
Der Landwirtschafts-Leitfaden ist eine Ergänzung zum Unternehmensstandard. Er geht auf die Messung der Treibhausgasemissionen im Agrarsektor ein und berücksichtigt die Viehzucht und den Anbau von Pflanzen. Außerdem ermöglicht er, die Wirkungen einer Landnutzungsänderung auf das Klima zu ermitteln.
Leitlinie für die Einschätzung und Berichterstattung über vermiedene Emissionen
Die Klimaberichterstattung eines Unternehmens muss glaubwürdig und widerspruchsfrei sein, um vor den Augen von Kunden und Geschäftspartnern zu bestehen. Das trifft insbesondere auf Vergleiche der klimabezogenen Auswirkungen von Produkten zu. Die Leitlinie zeigt, wie Unternehmen sowohl negative als auch positive Effekte in die Berichterstattung einbeziehen. Beispielsweise können nicht immer alle Prinzipien zur Nachhaltigkeit umgesetzt werden, die die grüne Chemie vorgibt. Dann muss auch offengelegt werden, was noch zu tun ist.
Leitlinie für die Ermittlung potenzieller Emissionen aus fossilen Brennstoffreserven
Die Leitlinie richtet sich an Unternehmen, die fossile Brennstoffreserven nutzen. Die Förderung und Verbrennung von Öl, Kohle und Gas stellt eines der größten Risiken für das Klima dar. Menschen, die gegen die Nutzung dieser Reserven sind, Regierungen, die die Nutzung regeln wollen, und Unternehmen, die sich auf die zukünftige Entwicklung in diesem Sektor einstellen müssen, haben ein berechtigtes Interesse an mehr Transparenz. Bei der Beurteilung ist zwischen Rohstoffen für die Energiegewinnung und solchen für die Weiterverarbeitung zu unterscheiden. Nachhaltige Chemie ist beispielsweise in der Lage, die fossilen Reserven klimaneutral zu verwerten.
Leitlinie für die Finanzbranche
Die Finanzbranche hat einen relativ hohen Einfluss auf die von ihr vorfinanzierten Investitionen. Sie kann Kredite vergeben oder verweigern. Wollen Kreditinstitute ihre Entscheidung von der Nachhaltigkeit der Projekte abhängig machen, brauchen sie Instrumente, mit dem sie die Klimaauswirkungen abschätzen können. Das GHG Protocol versetzt sie beispielsweise in die Lage, grüne Chemie zu fördern und klimaschädliche Technologien zu bremsen. Die Leitlinie ergänzt die vorhandenen Standards um die erforderlichen Werkzeuge.
[1] https://ghgprotocol.org/sites/default/files/Guidance_Handbook_2019_FINAL.pdf [2] https://ghgprotocol.org/sites/default/files/2022-12/Scope%202%20Guidance%20case%20studies_0_0.pdf