« Schutzmaßnahmen in der Oberflächenbehandlung »
Die Verfahren der Oberflächenvorbehandlung und Oberflächenbehandlung unterliegen einem umfangreichen technischen Regelwerk. Die einzelnen Vorschriften helfen bei der Beurteilung der Gefahren und bei der Gestaltung wirksamer Maßnahmen für den Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz. Eine zentrale Rolle spielen die in den Prozessen eingesetzten chemischen Stoffe und Stoffgemische. Wie Sie herausfinden, ob die von Ihnen verwendeten Produkte Gefahrstoffe sind und was Sie für den sicheren Umgang mit diesen Substanzen beachten sollten, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Das rechtliche Regelwerk für Gefahrstoffe
Die gesetzliche Grundlage für Rechtsvorschriften über gefährliche Substanzen ist das Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz -ChemG). Darin ist festgelegt, dass die diesbezüglichen Verordnungen der Europäischen Union in Deutschland verbindlich sind, wer für die Umsetzung dieser Vorschriften verantwortlich ist und wer zur Mitwirkung verpflichtet ist.
Bei den betreffenden Verordnungen handelt es sich um
- die Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), ((EG) Nr. 1907/2006)
- die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP), ((EG) Nr. 1272/2008)
- die Verordnung über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten ((EU) Nr. 528/2012)
Auf diesen Rechtsvorschriften basiert die Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV), die den Umgang mit gefährlichen Stoffen und Gemischen am Arbeitsplatz regelt.
Ergänzend zu den rechtlich verbindlichen Vorschriften erarbeitet der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Technische Regeln beinhalten konkrete Vorschläge für die Umsetzung der einzelnen Forderungen, die dem Stand der Technik entsprechen.
Gefahrstoffe und Stoffgemische in der Oberflächentechnik
Die Gefahren, die von Chemikalien für die Oberflächenbearbeitung ausgehen, ergeben sich aus dem physikalischen Zustand, in dem sie sich befinden und aus ihren chemischen Eigenschaften. Den physikalischen Zustand kennzeichnen die Temperatur, der Druck, der Aggregatzustand und der Grad der Zerkleinerung von Feststoffen. Aus den chemischen Eigenschaften resultieren Gesundheitsgefahren durch Vergiftungen, Reizungen und Verätzungen sowie Gefahren durch heftige chemische Reaktionen einschließlich Brände.
Gefährliche Stoffe für die Reinigung der Oberflächen
Jede Oberflächenbehandlung setzt eine gründliche Entfernung von Rost, Zunder und fettigen Ablagerungen voraus. Für einige Verfahren ist das Beizen von Oberflächen erforderlich. Für diese Aufgaben werden häufig Mittel eingesetzt, die stark alkalisch oder sauer sind. Diese Stoffe wirken beim Kontakt mit der Haut ätzend oder reizend. Gelangen sie in die Augen, können sie dort starke Schäden hervorrufen.
Werden saure oder alkalische Stoffe auf Oberflächen gespritzt, können sie sich in der Luft verteilen und Aerosole bilden, die beim Einatmen die Lungen schädigen. Das trifft auch auf Stoffe zu, die sich in offenen Tauchbädern befinden und sich beim Verdunsten als Dampf in der Luft ausbreiten.
Gefahren beim Lackieren
Lack enthält technologisch bedingt organische Lösemittel, die das Auftragen ermöglichen und beim Trocknen verdunsten. Auch Lacke, die sich mit Wasser verdünnen lassen, enthalten oft solche Zusätze. Organische Lösemittel sind in der Regel brennbar. Ihre Dämpfe können mit der Luft explosionsfähige Gemische bilden. Einige Lösemittel sind giftig oder können Allergien auslösen. Besonders beim Lackieren mit Sprühgeräten oder Pinseln an Handarbeitsplätzen gelangen diese Stoffe in die Atemluft.
Gefahrstoffe in Kühlmitteln
Kühlwasserkreisläufe enthalten oft Biozide, die den Befall durch Algen, Pilze oder Bakterien verhindern. Das trifft auch für wassermischbare Kühlschmierstoffe in der Metallbearbeitung zu.
Zubereitung von Chemikalien für Prozesse der Oberflächentechnik
Ob ein Stoff mit charakteristischen Merkmalen tatsächlich als Gefahrstoff wirksam wird, hängt von seiner Konzentration in der Behandlungslösung ab. Oft werden von den Herstellern Konzentrate geliefert, die vor Ort mit Wasser oder anderen Chemikalien vermischt werden, bevor sie zum Einsatz kommen. Dabei sind in vielen Fällen die Konzentrate als Gefahrstoff eingestuft, während die Gemische ungefährlich sind. Besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt gilt dann der Lagerung der Produkte und der Zubereitung der Stoffgemische.
Technische Regeln Gefahrstoffe mit Bezug auf Oberflächenbehandlung
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe sind in zehn Hauptgruppen eingeteilt, die neben allgemeinen Erläuterungen und Begriffsbestimmungen technische Regeln zu arbeitsmedizinischer Vorsorge, Gefährdungsbeurteilungen, und Schutzmaßnahmen beinhalten. Ein besonderer Bereich ist für Maßnahmen des Brand- und Explosionsschutzes vorgesehen. Außerdem wurden Regeln für das Inverkehrbringen gefährlicher Stoffe sowie für Grenzwerte und Einstufungen festgelegt. Einen weiteren Schwerpunkt bilden technische Regeln über Ersatzstoffe und Ersatzverfahren, mit denen Gefährdungen sicher ausgeschlossen werden können.
Gefährdungsbeurteilung und Sicherheitsmaßnahmen
Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage dafür, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr festzulegen. Da die Vermeidung von Gefahrstoffen in der Oberflächentechnik meistens unmöglich ist, sind für diese Produkte Vorkehrungen für den sicheren Gebrauch zu treffen. Wie das zu bewerkstelligen ist, enthalten die TRGS 400 – 499: Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.
Vorrang haben dabei technische Maßnahmen wie Absauganlagen, Lüftungseinrichtungen, Temperaturbegrenzungen an Behältern und chemikalienbeständige, rutschfeste Fußböden. Die Sicherheitstechnik wird durch organisatorische Maßnahmen ergänzt. Dazu gehören die Kennzeichnung von Gefahrenstellen, Absperreinrichtungen und regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter über arbeitsschutzgerechtes Verhalten. Für die einzelnen Tätigkeiten werden Betriebsanweisungen erarbeitet und deren Einhaltung durchgesetzt. Der unmittelbare Schutz von Beschäftigten bei der Arbeit mit gefährlichen Stoffen wird durch persönliche Schutzausrüstungen (PSA) erreicht.
Gesichtsschutz, Schutzhandschuhe, Sicherheitsschuhwerk und Atemschutztechnik verhindern, dass ein Gefahrstoff zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Die TRGS 500 – 599 enthalten konkrete Vorschläge für Schutzmaßnahmen.
Bei der Verarbeitung von lösemittelhaltigem Lack in der Oberflächentechnik bestehen überdurchschnittlich hohe Brandgefahren. Die TRGS der Reihen 700 und 800 beschreiben detailliert Maßnahmen, die beim Schutz vor Bränden und Explosionen helfen.
Informationsquelle Sicherheitsdatenblatt
Darüber, ob ein Produkt als Gefahrstoff eingestuft ist und welche Risiken damit verbunden sind, gibt das Sicherheitsdatenblatt Auskunft. Die Angaben entsprechen der oben erwähnten Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Einen schnellen Überblick geben Gefahrenpiktogramme, Signalwörter, Gefahrenhinweise (H Sätze) und Sicherheitshinweise (P Sätze). Die Textaussagen zur näheren Erläuterung der Gefahren und zu erforderlichen Maßnehmen sind in den Anhängen III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 aufgelistet und durchnummeriert. Vielfach werden nur die Kombinationen aus Buchstaben und Nummern angegeben. In älteren Datenblättern werden noch R- und S-Sätze verwendet, die den gleichen Zweck erfüllen und aus den zum Zeitpunkt der Erstellung gültigen Rechtsvorschriften resultieren.
Die Sicherheitsdatenblätter enthalten ausführlichen Angaben zu:
- Erste Hilfe Maßnahmen
- Maßnahmen zur Brandbekämpfung
- Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung
- Schutzausrüstungen
- Hinweise zur sicheren Anwendung
- Umweltschutzmaßnahmen
- Abfallentsorgung
- den physikalischen und chemischen Eigenschaften
Hersteller von chemischen Produkten legen die Sicherheitsdatenblätter den Lieferungen bei oder stellen sie dem Kunden auf Anforderung zur Verfügung. Mit diesen Informationen lassen sich die zutreffenden technischen Regeln gezielt finden und umsetzen.