Überall, wo sich Technik bewegt, tritt Reibung auf. Dort leisten Schmierstoffe ein beträchtliches Pensum an Arbeit. Sie hindern die Reibung daran, Unmengen von Antriebsenergie zu verschlingen und Werkstoffe zu zermürben. Wie Schmiermittel wirken und welche Rolle synthetische Schmierstoffe spielen, können Sie hier erfahren.
Prinzip der Schmierung
Oberflächen von Maschinenteilen besitzen ein gewisses Maß an Rauheit. Bei starker Vergrößerung mit einer Lupe oder einem Mikroskop sind Erhöhungen und Vertiefungen erkennbar. Berühren sich zwei Maschinenteile, greifen diese Unebenheiten ineinander. Außerdem wirken zwischen den Teilchen an den beiden Oberflächen Anziehungskräfte.
Reibung ist der Widerstand, den Unebenheiten und Anziehungskräfte einer Bewegung entgegensetzen. Bringt man einen fließfähigen Stoff, ein Schmiermittel, zwischen die Oberflächen, rücken sie ein wenig auseinander. Dadurch verringert sich der Widerstand. Die Reibung verlagert sich in den Schmierfilm. Dort ist sie um ein Vielfaches geringer als bei direktem Kontakt.
Fließfähigkeit als Auswahlkriterium
Ob sich ein Stoff für die Schmierung eignet, hängt von seiner Fließfähigkeit, der Viskosität, ab. Je niedriger die Viskosität ist, umso geringer ist die Reibung im Schmierfilm. Deshalb sind Luft und Wasser ideale Schmierstoffe. Leider lassen sich diese Medien nur in speziellen Konstruktionen nutzen, weil sie bei den meisten Anwendungen zu schnell aus dem Spalt zwischen den Oberflächen entweichen. Außerdem führt Wasser an ungeschützten Metalloberflächen häufig zu Korrosion. In der Technik haben sich Öle und Fette als Schmierstoffe durchgesetzt. Im Inneren von Maschinen sind dünnflüssigere Öle im Einsatz.
Abhängigkeit der Viskosität von den Betriebsbedingungen
Die Auswahl eines Schmiermittels hängt von den Betriebsbedingungen ab, unter denen die Bewegung verläuft. Diese ändern sich meistens während der Nutzung der Geräte. Besonders abweichende Temperaturen zwischen Ruhezustand und Betrieb sowie schwankende Umgebungsbedingungen wirken sich auf die Fließfähigkeit aus. Herkömmliche Schmierstoffe stellen einen Kompromiss dar. Deshalb erlangen synthetische Schmierstoffe, die exakt auf die jeweiligen Einsatzbedingungen abgestimmt sind, immer mehr an Bedeutung.
Synthetische Schmierstoffe für mehr Nachhaltigkeit
Durch die synthetische Herstellung von Schmierstoffen lassen sich Öle und Fette gewinnen, die sich neben der verbesserten Schmierwirkung auch positiv auf die Nachhaltigkeit der Technik auswirken. An erster Stelle steht dabei die Verringerung des Verbrauchs, die sich durch längere Ölwechselintervalle bemerkbar macht.
Die exakte Anpassung der Schmiermittel an die Betriebsbedingungen führt außerdem zur Verlängerung der Lebensdauer von Maschinen und Geräten sowie zur Reduzierung von Energieverlusten. Darüber hinaus verringern sich die von den Schmiermitteln ausgehenden Emissionen, weil synthetisches Öl keine leichtflüchtigen Restbestandteile aus dem Erdöl enthält. Diese Eigenschaften ermöglichen auch die nachhaltige Chemie in der Oberflächentechnik.
Herstellung von synthetischen Schmiermitteln
Die Schmiermittel werden größtenteils aus Erdöl gewonnen. Erdöl ist eine Mischung aus unterschiedlichen Kohlenwasserstoffen. Mittels Destillation entstehen daraus in mehreren Schritten Kraftstoffe, Grundöle und Bitumen. Grundöle sind die Basisflüssigkeiten, die zu herkömmlichen Schmierstoffen weiterverarbeitet werden. Synthetisch bedeutet künstlich zusammengesetzt. Ausgangsprodukt für synthetische Schmierstoffe ist Rohbenzin, das bei der Destillation des Erdöls gewonnen wurde. Das Rohbenzin wird bei hohen Temperaturen und hohem Drücken in Bruchstücke geteilt.
Dieses Verfahren nennt sich “Cracken”. Die Bruchstücke werden anschließend untereinander oder mit weiteren Chemikalien zu genau definierten Stoffen, den synthetischen Basisflüssigkeiten, zusammengefügt. Daraus stellt die Chemie unterschiedliche synthetische Schmierstoffe her, welche die für eine bestimmte Anwendung gewünschten Eigenschaften besitzen.
Chemie der synthetischen Herstellung
Rolle der Kohlenstoffatome
Kohlenstoff steht im Periodensystem der Elemente an sechster Stelle. Daraus kann man erkennen, dass in der Atomhülle sechs Elektronen unterwegs sind. Zwei davon wuseln ganz dicht am Atomkern herum. Die vier anderen sind etwas weiter davon entfernt. Dort hätten acht Elektronen Platz.
Die Chemiker nennen die gemeinsame Nutzung von Elektronen Bindung, weil sich auf diese Weise Atome zu Molekülen verbinden können. Das Kohlenstoffatom kann vier solcher Bindungen eingehen. Symbolisch wird das durch vier Striche dargestellt, die um das “C”, das für das Element Kohlenstoff steht, verteilt sind. Man kann sich jeden Strich als Ärmchen vorstellen, das ein anderes Atom festhalten will.
Rolle der Wasserstoffatome
In Kohlenwasserstoffen sind die meisten anderen Atome Wasserstoffteilchen. Sie stehen im Periodensystem der Elemente auf Platz 1 und verfügen dementsprechend über ein Ärmchen für eine Bindung. Das Rohbenzin besteht größtenteils aus Molekülen, in denen fünf bis zwölf Kohlenstoffatome miteinander verbunden sind.
Die Kohlenstoffatome können als unverzweigte oder verzweigte Kette angeordnet sein (Paraffine) oder einen Ring bilden (Naphthene). An den restlichen Ärmchen der Kohlenstoffatome befindet sich der Wasserstoff. Sind alle Ärmchen besetzt, nennt man die Kohlenwasserstoffe gesättigt.
Ungesättigte Kohlenwasserstoffe
Steht zu wenig Wasserstoff zur Verfügung, gehen einige Kohlenstoffatome eine Doppel- oder Dreifachbindung ein. Diese Kohlenwasserstoffe sind ungesättigt. Die Mehrfachbindungen sind reaktionsfreudig. An diesen Stellen lagern sich leicht andere Atome an. Das wird bei der Herstellung von synthetischen Basisflüssigkeiten ausgenutzt. Befinden sich in den gesättigten Kohlenwasserstoffketten des Rohbenzins Kohlenstoffatome, beträgt die Anzahl der Wasserstoffatome 2n+2. Beim Cracken entstehen kleinere Molekülketten. Dort fehlt an vielen Endpunkten ein Wasserstoffatom.
Synthetische Schmierstoffe in der Oberflächentechnik
Die Oberflächentechnik setzt synthetisches Öl hauptsächlich in Kühlschmierstoffen und Umformschmierstoffen ein. Beide Einsatzgebiete stellen unterschiedliche Anforderungen an die Schmierstoffe. Dazu zählt neben der Funktion in immer stärkerem Maß eine nachhaltige Chemie. Synthetisch erzeugtes Öl punktet hier besser als die herkömmlichen Mineralöle. Kühlschmierstoffe ermöglichen die spanende Bearbeitung von Werkstücken. Da die Werkzeuge zwangsläufig mit dem Material in Kontakt kommen müssen, lässt sich Reibung nur bedingt eingrenzen. Die zu ihrer Überwindung benötigte Energie wandelt sich in Wärme um. Deshalb steht hier die Kühlwirkung im Vordergrund.
Umformschmierstoffe verhindern, dass sich Werkstück und Werkzeug direkt berühren. Auf die innere Reibung im Werkstoff, die aus der Verformung resultiert, haben sie keinen Einfluss. Die Wärme, die dadurch frei wird, führt zu hohen Temperaturen, bei denen ein stabiler Schmierfilm gewährleistet bleiben muss. Außerdem muss er hohem Druck standhalten können. Speziell an die jeweiligen Bedingungen angepasste Schmiermittel führen zu längeren Standzeiten der Werkzeuge und zu weniger Emissionen in die Umwelt. Auf diese Weise trägt synthetisches Öl zur Nachhaltigkeit der Oberflächentechnik bei.