Prozessparameter in der Oberflächentechnik sind Messgrößen für die Bedingungen, die die Abläufe bei der Beschichtung oder Bearbeitung von Werkstoffen beeinflussen. Chemische und physikalische Prozesse laufen ab, wenn ein Gleichgewicht durch äußere Einwirkungen gestört wird. Während sich dieses Gleichgewicht wieder einstellt, geraten andere Zustände in der Umgebung in Unordnung. Um bei der Oberflächenbehandlung ein ganz bestimmtes Ergebnis herbeizuführen, müssen alle Prozessparameter im erforderlichen Wertebereichen gehalten werden.
Überblick über Prozessparameter in der Oberflächentechnik
Die physikalischen Größen, die die Prozesse der Oberflächentechnik beeinflussen, sind je nach Verfahren
- Druck
- Temperatur
- Konzentration
- Verweilzeit
- Strömungsgeschwindigkeit
- Vorschub
- Drehzahl
- elektrische Spannung
Die Werte dieser Größen schwanken in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen. Zum Teil beeinflussen sie sich auch gegenseitig. Um sie im benötigten Bereich zu halten, werden sie durch Steuer- und Regelungsmechanismen erfasst und eingestellt. Diese Mechanismen erfolgen entweder kontinuierlich durch Messgeräte, die Eingangsgrößen in Regelkreise liefern oder diskontinuierlich durch die regelmäßige Überprüfung der Werte und gezielte Maßnahmen, die den ordnungsgemäßen Betrieb gewährleisten.
Prozessparameter bei Oberflächenbearbeitung von Metallen
Bei der Oberflächenbearbeitung von Metallen tragen Werkzeuge Material ab. Dieser Prozess wird durch die Parameter Vorschub und Drehzahl bestimmt und durch die Wärmeentwicklung gestört. Mit wachsendem Vorschub und steigenden Drehzahlen erhöht sich die Temperatur. Um diese innerhalb festgelegter Grenzen zu halten, werden Kühlschmierstoffe eingesetzt, die die Entstehung der Wärme reduzieren und für Kühlung sorgen. Der Kühlschmierstoffkreislauf wird durch den Druck aufrechterhalten, der die benötigte Strömungsgeschwindigkeit hervorruft. Je mehr Kühlschmierstoff pro Zeiteinheit durch die Bearbeitungszone strömt, umso mehr Wärme kann aufgenommen werden.
Durch Ventile, deren Öffnungsgrad von Regelkreisen oder vom Bediener eingestellt wird, lässt sich die Kühlung dem Bedarf anpassen. Die Wirkung der Kühlschmierstoffe hängt von der Konzentration der Bestandteile ab. Besonders bei wassergemischten Kühlschmierstoffen verändert sich die Zusammensetzung, denn die Kühlwirkung wird hier durch Verdunstung des Wassers erreicht. Deshalb wird die Konzentration des Kühlschmierstoffkonzentrats im Wasser regelmäßig bestimmt. Weicht sie von den Vorgaben ab, wird sie durch Nachdosieren von Konzentrat oder Auffüllen von Wasser auf den benötigten Wert eingestellt. Der erwärmte Kühlschmierstoff sammelt sich in Behältern und kühlt dort ab. Dafür wird Zeit benötigt, in der das Kühlschmiermittel die Umgebungstemperatur annimmt. Die Größe des Sammelbehälters bestimmt, wie lange es dort verweilen und abkühlen kann. Dieser Zusammenhang wird durch die Verweilzeit beschrieben.
Prozessparameter bei der Oberflächenbehandlung
Bei der Oberflächenbehandlung werden die Verfahren Reinigung, Erzeugung von Konversionsschichten und Beschichtung eingesetzt. Die Wirkung der dafür eingesetzten Prozesschemikalien hängt von ihrer Zusammensetzung, der Temperatur und der Zeit ab, die für den jeweiligen Teilprozess zur Verfügung steht.
Reinigung von Oberflächen
Die Reinigung von Oberflächen erfolgt entweder in Tauchbecken oder durch Abspritzen. Beim Abspritzen werden die Reinigungsarbeiten durch die mechanischen Wirkungen der eingesetzten Stoffe unterstützt. Der zugehörige Prozessparameter ist der Druck, unter dem die Reinigungsmittel aus den Vorrichtungen austreten. Der erforderliche Druck muss ausreichend sein, den beabsichtigten Effekt zu erzielen, darf aber nicht so hoch sein, dass er den Werkstoff beschädigt. In Tauchbädern ist neben der Temperatur und den Konzentrationen der eingesetzten Stoffe die Verweilzeit ausschlaggebend, um die vorgesehene Wirkung zu erzielen. In dieser Zeit lösen sich die Verunreinigungen möglichst restlos auf. Dadurch ändern sich die Konzentrationen der Reinigungsmittel. Werden die Verschmutzungen zusammen mit den verbrauchten Wirkstoffen aus dem Bad ausgeschleust, müssen letztere nachdosiert werden.
Erzeugung von Konversionsschichten
Die Erzeugung von Konversionsschichten beruht auf der chemischen Reaktion des Werkstoffs mit den eingesetzten Prozesschemikalien. Chemische Reaktionen sind immer von den Konzentrationen der Reaktionspartner und von der vorherrschenden Temperatur abhängig. Die Konzentrationen bestimmen die Art der Reaktionsprodukte, die Temperatur ist für die Reaktionsgeschwindigkeit von Bedeutung. Die Menge an Reaktionsprodukten wird vor allem durch die Verweilzeit bestimmt. Mit der Wahl dieser Prozessparameter lassen sich die Schichtdicke und die genaue Zusammensetzung der Schicht beeinflussen.
Bei elektrochemischen Reaktionen zur Erzeugung von Konversionsschichten, zum Beispiel beim Eloxieren, werden elektrisch geladene Teilchen aktiv. Die Bewegungsgeschwindigkeit dieser Teilchen hängt von der elektrischen Spannung ab, die an den Elektroden anliegt. Bei gegebener elektrischer Leitfähigkeit des Systems stellt sich ein Strom ein, der sich durch die Spannung regulieren lässt. Die resultierende Geschwindigkeit muss mit dem Prozessparameter Verweilzeit in Einklang gebracht werden, um die benötigte Schichtdicke zu erreichen.
Lackierung
Die Lackierung von Werkstücken erfolgt durch unterschiedliche Prozesse, die durch den Kontakt zwischen Oberfläche und Lack, die Mechanismen der Schichtbildung und das Trocknen gebildet werden. Das Aufbringen der Farbstoffe wird durch Spritzen oder Tauchen realisiert. Eine Version beim Tauchen ist die anodische Tauchlackierung, bei der ein elektrisches Feld für den Transport der Farbteilchen auf die Oberflächen sorgt. Bei allen Verfahren ist die Zusammensetzung der Farben oder Lacke und die optimale Temperatur für das erfolgreiche Ergebnis entscheidend. Beim Spritzen muss der Druck, mit dem der Lack oder das Farbpulver aufgesprüht werden, im vorgegebenen Bereich liegen.
Bei allen Tauchverfahren gehört die Verweilzeit zu den entscheidenden Prozessgrößen. Die anodische Tauchlackierung ist außerdem auf die korrekt eingestellte elektrische Spannung angewiesen. Die Lackierung wird durch die Trocknung abgeschlossen. Dabei verdunsten Lösemittel. Die Verdunstungsgeschwindigkeit ist von der herrschenden Temperatur und von der Geschwindigkeit, mit der die Dämpfe durch trockene, lösemittelfreie Luft ausgetauscht werden, abhängig. Aus diesen Bedingungen ergibt sich die Größe der optimalen Verweilzeit.
Bedeutung der Prozessparameter für die Oberflächentechnik
Die Ergebnisse der Verfahren in der Oberflächentechnik werden durch Qualitätsparameter bestimmt. Mit entsprechenden Testmethoden werden zum Beispiel die Schichtdicke, die Haftfähigkeit, die Maßhaltigkeit oder die Oberflächenrauigkeit ermittelt. Diese Parameter stellen den Zustand einer Werkstückoberfläche fest. Im Unterschied dazu bestimmen Prozessparameter, wie diese Merkmale entstehen. Fallen die Testergebnisse der Qualitätskontrollen unbefriedigend aus, muss geprüft werden, welche Prozessgrößen anzupassen sind. Dabei spielen die Wechselwirkungen zwischen den physikalischen Größen eine oft unterschätzte Rolle.