« Mehr Sicherheit in der Oberflächentechnik »
Mitarbeiterschutz ist Bestandteil der allgemeinen Fürsorgepflicht, die verantwortungsbewusste Unternehmer für ihre Beschäftigten erfüllen. Eine dadurch erreichte hohe Sicherheit am Arbeitsplatz bedeutet zugleich, Risiken für Produktionsausfälle zu minimieren und die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Die Prozesse in der Oberflächentechnik bergen Gefahren, die sich mit erprobten Mitteln abwenden lassen. Dazu hat sich eine fast schon in Vergessenheit geratene neue Gefahr gesellt: Der Angriff von Viren auf die Gesundheit.
Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit
Grundlage für den Mitarbeiterschutz und die Sicherheit am Arbeitsplatz ist die Gefährdungsbeurteilung durch den Unternehmer oder eine von ihm beauftragte fachkundige Person. Eine wertvolle Unterstützung bei der Umsetzung dieser Pflicht bieten die Berufsgenossenschaften mit ausführlichen DGVU-Informationen und Regeln zu den einzelnen Themengebieten. Für die Gefährdungsbeurteilung stehen die Broschüren A016 (Gefährdungsbeurteilung – Sieben Schritte zum Ziel) und A017 (Gefährdungsbeurteilung – Gefährdungskatalog) zur Verfügung, die durch branchenspezifische Schriften ergänzt werden.
Das systematische Vorgehen folgt der vorhandenen Betriebsorganisation. Für jeden Arbeitsplatz werden die Tätigkeiten und die daraus resultierenden Gefährdungen und Belastungen ermittelt. Aus der Bewertung der Risiken ergeben sich konkrete Festlegungen von Schutzzielen und Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden. Die Realisierung der Maßnahmen und die Kontrolle ihrer Wirksamkeit stellen den Mitarbeiterschutz sicher.
Das Auftreten von Covid-19 (SARS-CoV-2) erfordert eine Ergänzung der vorhandenen Gefährdungsbeurteilungen. An jedem Arbeitsplatz besteht die Gefahr, dass sich dieser Krankheitserreger ausbreitet. Das Risiko einer Infektion mit schwerwiegenden dauerhaften Gesundheitsschäden verlangt die konsequente Beachtung von Regeln und die sorgfältige Anwendung von Schutzmaßnahmen.
Informationsquellen für den Mitarbeiterschutz bei chemischen Prozessen
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hält auf ihrer Webseite neben den Unfallverhütungsvorschriften branchenorientierte Regeln zum Download bereit. In diesen Broschüren werden die zutreffenden gesetzlichen Anforderungen an die Sicherheit erläutert und konkrete Maßnahmen zu deren Umsetzung vorgeschlagen. Hier einige Beispiele:
- 109-001 Schleifen, Bürsten und Polieren von Aluminium
- 109-002 Arbeitsplatzlüftung – Lufttechnische Maßnahmen
- 109-602 Branche Galvanik
- 109-013 Schutzmaßnahmenkonzept für Spritzlackierarbeiten – Lackaerosole
An dieser Stelle sind auch DGUV Merkblätter zu finden, die Sicherheitsmaßnahmen für Unternehmer und Beschäftigte ausführlich beschreiben. Darunter sind zum Beispiel die DGVU-Informationen
- 209-009 Galvanisieren
- 209-014 Lackieren und Beschichten
- 209-086 Stückverzinken
- 209-087 Brandschutz an Lackieranlagen
- 209-088 Reinigen von Werkstücken mit Reinigungsflüssigkeiten
Beispiele für den Mitarbeiterschutz in der Oberflächentechnik
Abwehr von Gefahren durch eingesetzte Stoffe
In der Oberflächentechnik und der Chemie müssen beim Mitarbeiterschutz neben allgemeinen Grundsätzen der Arbeitssicherheit vor allem Gefahren durch die verwendeten Stoffe berücksichtigt werden. In den jeweiligen Teilbereichen kommen zum Einsatz:
- flüssige Reinigungsmittel,
- Säuren und Laugen für die Oberflächenvorbehandlung,
- Lösungsmittel,
- Farben und Lacke,
- Elektrolytlösungen sowie
- Kühlschmierstoffe
Belastungen können durch den direkten Hautkontakt und die Anreicherung von Gasen und Dämpfen in der Atemluft entstehen. Gegenmaßnahmen sind die Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen (z.B. Handschuhe, Gummistiefel, Schürzen oder Atemschutzmasken) und wirkungsvolle Lüftungsmaßnahmen.
Bei Unfällen oder sorglosem Umgang mit den Chemikalien kann es zu Verletzungen der Augen oder der Schleimhäute und zu Verätzungen kommen. Auch hier helfen persönliche Schutzausrüstungen (z.B. Schutzbrille). Für die erste Hilfe nach Unfällen mit gefährlichen Stoffen werden Notfallausrüstungen vorgesehen (z.B. Augendusche, Personendusche, Fluchtmasken).
Schutz vor Verbrennungen an heißen Oberflächen
Viele Prozesse laufen bei erhöhten Temperaturen ab. Das kann heiße Oberflächen zur Folge haben. In diesen Fällen können Personen durch Barrieren auf Abstand gehalten werden. Ist das nicht möglich, müssen die heißen Flächen durch deutliche Warnhinweise gekennzeichnet werden.
Brand- und Explosionsschutz
Für Lösungsmittel, die bei Betriebstemperatur brennbare Dämpfe freisetzen, ist ein Brand- und Explosionsschutzkonzept erforderlich.
Verwechslung von Chemikalien verhindern
In der Chemie werden häufig gefährliche Stoffe gelagert und verarbeitet. Problematisch wird es, wenn hier Verwechslungen vorkommen. Fehlerhafte Chemikalienmischungen können im Produktionsprozess zu ungewollten, heftigen Reaktionen führen. Das kann auch vorkommen, wenn Stoffe versehentlich in Behältnisse aus ungeeignetem Material abgefüllt werden.
Besondere Maßnahmen für den Mitarbeiterschutz vor der aktuellen Infektionsgefahr
Die derzeitige Gefahr, sich am Arbeitsplatz mit dem Virus SARS-CoV-2 anzustecken, lässt sich vermutlich durch die Einhaltung einfacher Grundregeln minimieren. Der Unternehmer ist verpflichtet, diese Grundregeln in einer Betriebsanweisung festzuhalten, allen Beschäftigten bekannt zu geben und für die Durchsetzung zu sorgen. In der Betriebsanweisung werden konkrete Abstands- und Hygieneregeln, Kontaktbeschränkungen und das Verhalten beim Auftreten von verdächtigen Symptomen festgelegt.
Abstandsregeln
Mitarbeiter müssen im Interesse des Infektionsschutzes einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander einhalten. Dadurch erreichen Viren, die beim normalen Sprechen und Atmen von einem Menschen ausgeschieden werden, niemanden in seiner Umgebung. Die Einhaltung der Abstände wird durch Bodenmarkierungen, Hinweisschilder und die räumlich getrennte Anordnung von Arbeitsplätzen sowie Tischen und Stühlen in Aufenthaltsräumen unterstützt.
Eine weitere Möglichkeit, die Mindestabstände einzuhalten ist die Vermeidung größerer Personenansammlungen. Das gelingt durch versetzte Anfangs- End- und Pausenzeiten, Einbahnstraßenregelungen in Gebäuden und Videokonferenzen statt Präsenzveranstaltungen sowie die Organisation von Arbeiten im Homeoffice.
Hygieneregeln
- Hygieneregeln tragen dazu bei, die Übertragung des Virus durch direktes Berühren oder durch das Berühren von infizierten Flächen zu verhindern. Eine wichtige Regel für den Mitarbeiterschutz ist das Vermeiden von Händeschütteln zur Begrüßung. Das regelmäßige, gründliche Händewaschen ist besonders vor und nach unvermeidbaren Kontakten mit Menschen, vor der Zubereitung und der Aufnahme von Nahrungsmitteln und nach Toilettenbesuchen, Naseputzen oder Husten und Niesen erforderlich.
- Überall dort, wo keine Waschgelegenheiten vorhanden sind, helfen Händedesinfektionsmittel, die Verbreitung des Virus zu verhindern. Der Unternehmer hat Händedesinfektionsmittel, die gegen das Virus wirksam sind, bereitzustellen und den Mitarbeitern die korrekte Anwendung in einer Unterweisung zu vermitteln.
- Zur Einhaltung der Hygiene ist die regelmäßige Reinigung und Desinfektion von häufig berührten Flächen erforderlich. Desinfektionsreinigungsmittel oder Flächendesinfektionsmittel beseitigen Viren an Türgriffen, Handläufen von Treppengeländern, Touchscreens, Griffen von gemeinsam benutzten Werkzeugen und ähnlichem wirksam.
- Zu den Hygienemaßnahmen für den Mitarbeiterschutz gehören auch klare Vorgaben zur Lüftung der Arbeitsräume. Werden die Räume in festgelegten Zeitabständen gründlich gelüftet, verringert sich die Konzentration von Viren in der Atemluft. Durch Stoß- und Querlüften lässt sich ein nahezu vollständiger Luftaustauch erreichen.