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Eigenschaften und Einsatz von Lösungsmitteln

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Als Lösungsmittel werden in der Chemie Stoffe bezeichnet, in denen sich die Teilchen anderer chemischer Stoffe gleichmäßig verteilen können. In einem homogenen Gemisch ist es die Substanz mit dem größeren Mengenanteil. Die Oberflächentechnik verwendet flüssige Lösungsmittel für Reinigungsaufgaben und für die Handhabung von Prozesschemikalien. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Eigenschaften der Flüssigkeiten und der aufzulösenden Stoffe einander ähneln. Deshalb müssen beide sorgfältig aufeinander abgestimmt werden.

Polare und unpolare Lösungsmittel

Zu den wichtigsten Eigenschaften, die Hinweise zur Eignung von Lösungsmitteln für bestimmte Aufgaben liefern, gehört die Polarität: Die Moleküle als kleinste Teilchen von chemischen Verbindungen sind aus Atomen zusammengesetzt. Jedes Atom besteht aus einem elektrisch positiv geladenen Atomkern und einer Atomhülle mit negativen Elektronen. Die Verbindung der Atome im Molekül beruht auf dem Verhalten der Elektronen. Sind diese gleichmäßig im Molekül verteilt, ist es unpolar. Bei einer unsymmetrischen Verteilung hat das Molekül eine negative und eine positive Stelle. Solche Moleküle werden als Dipol bezeichnet. Stoffe, die daraus zusammengesetzt sind, nennt man polar.

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Das einfachste polare Lösungsmittel ist Wasser. Das im Wassermolekül enthaltene Sauerstoffatom bildet mit den beiden Wasserstoffatomen ein Dreieck. Die Ecke mit dem großen Sauerstoffatom ist die negative Stelle. Die Seite mit den kleinen Wasserstoffatomen ist die positive Stelle. Die Teilchen anderer polarer Stoffe, wie Essig, Spiritus, Salze, Laugen und Säuren oder Zucker orientieren sich mit ihren negativen Stellen in Richtung einer Wasserstoffseite und mit ihren positiven Stellen in Richtung einer Sauerstoffecke. Dadurch kommt es zur gleichmäßigen Verteilung dieser Stoffe im Wasser.

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Versucht man, einen unpolaren Stoff mit einer polaren Flüssigkeit zu vermischen, ziehen sich die unterschiedlichen Ladungen der polaren Flüssigkeit gegenseitig an und halten sich aneinander fest. Der unpolare Stoff bleibt „außen vor“ und sondert sich ab. Er bildet eine getrennte Phase. Mischt man unpolare Stoffe untereinander beeinflussen sie sich gegenseitig nur unwesentlich und bilden eine homogene Lösung.

In der Oberflächentechnik sind die beschriebenen Zusammenhänge eine der Grundlagen für die Auswahl geeigneter Spülmedien und die Zusammensetzung von flüssigem Lack.

Verdunstungszahl der Lösungsmittel

An der Oberfläche von Flüssigkeiten wechseln ständig Teilchen in das umgebende Gasgemisch, meistens Luft, über. Einige dieser Teilchen kehren wieder in die Flüssigkeit zurück. Solange mehr Teilchen die Flüssigkeit verlassen als zurückkehren, verringert sich die Flüssigkeitsmenge. Der Anteil, der fehlt, hat sich in Dampf umgewandelt. Dieser Vorgang wird als Verdunstung bezeichnet.

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In einem dicht verschlossenen Gefäß, wie zum Beispiel einem Behälter für Lack, stellt sich im Lauf der Zeit ein Gleichgewicht ein, bei dem die Anzahlen der Teilchen, die in die Flüssigkeit eintreten und daraus entweichen gleich groß sind. Dieser Zustand ist temperaturabhängig. Je höher die Temperatur ist, desto größer ist der Dampfanteil.

Das Verdampfungsverhalten

Ist der Luftraum über der Flüssigkeit ausreichend groß oder strömt die dampfhaltige Luft frei davon, wird sie sich irgendwann restlos in Dampf umgewandelt haben. Die Zeit, die sie dafür benötigt, hängt von ihren Stoffeigenschaften, der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und dem Luftdruck ab. Hält man die letzten drei Größen konstant, kann man die Zeiten, die unterschiedliche Flüssigkeiten zum vollständigen Verdunsten brauchen, miteinander vergleichen.

Diethylether ist eine Flüssigkeit, die sehr schnell verdunstet. Sie wird als Bezugsstoff genutzt.

Um das Verdampfungsverhalten anderer Flüssigkeiten zu beurteilen, teilt man die Zeit, in der eine bestimmte Menge verdunstet durch die Zeit, in der die gleiche Menge Diethylether unter denselben Bedingungen in die Dampfphase übergeht. Das Ergebnis ist die Verdunstungszahl. Je höher die Verdunstungszahl ist, desto langsamer verdunstet die betreffende Flüssigkeit.

Verdunstungszahlen als Beispiele

Wasser hat zum Beispiel eine Verdunstungszahl von 80, Spiritus (Ethanol) von 8,3 und Aceton (Nagellackentferner) von 2. Anhand der Verdunstungszahlen wird die Flüchtigkeit von Flüssigkeiten eingestuft. Bis zu einer Verdunstungszahl von 10 gilt ein Stoff als leichtflüchtig, über 10 bis 35 als mittelflüchtig, über 10 bis 50 als schwer flüchtig oberhalb von 50 als sehr schwer flüchtig.

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Die Lösungsmittel für die Reinigung und für die Handhabung von Prozesschemikalien in der Vorbehandlung für die Oberflächenbeschichtung sollten möglichst hohe Verdunstungszahlen haben, um die Verluste gering zu halten. Lösungsmittel, die Bestandteile von Lack sind, sollten mittel- bis schwerflüchtig sein. Während der Lackierung muss der Lack flüssig bleiben, danach soll er schnell trocknen. Aus der Verdunstungsgeschwindigkeit ergibt sich das Zeitfenster für die Lackierung.

Lösungsvermögen der Lösungsmittel

Die Fähigkeit eines Lösungsmittels, Stoffe aufzulösen, wird in der Chemie aus der Sicht dieser Stoffe beurteilt. Eine betreffende Aussage ist zum Beispiel: Kochsalz ist in Wasser leicht löslich. Die Löslichkeit gehört zu den Eigenschaften des Stoffes, der mit dem Lösungsmittel vermischt werden soll. Sie ändert sich mit der Temperatur.

In diesem Zusammenhang werden drei Fälle unterschieden:

  1. vollständig löslich
  2. so gut wie gar nicht löslich
  3. bis zu einem bestimmten Mischungsverhältnis löslich.

In der Oberflächentechnik ist der Fall 3 interessant. Für die Erzeugung von Konversionsschichten bei der Vorbehandlung für die Oberflächenbeschichtung werden Salze, Laugen und Säuren eingesetzt, die in Wasser gelöst sind. Ab einer bestimmten Konzentration sind alle Wassermoleküle von den Ionen der Prozesschemikalien umzingelt. (siehe oben: polare Lösungsmittel) Die Lösung ist gesättigt. Erhöht sich die Konzentration, schließen sich die Ionen, die kein Wassermolekül finden, zusammen und setzen sich als Bodensatz ab.

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Die Temperatur ist ein Maß für die Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen in einem Stoff bewegen. Bei hohen Temperaturen sind sie schneller unterwegs als bei niedrigen. Je schneller sie sind, umso stärker „kämpfen“ sie um die Wassermoleküle und umso länger bleiben sie in der Lösung. Ähnlich verhalten sich Spülmedien. Auch sie sind irgendwann gesättigt und können keine weiteren Verunreinigungen mehr aufnehmen.

Sicherheits- und umweltrelevante Eigenschaften der Lösungsmittel

Organische Lösungsmittel bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Häufig enthalten sie zusätzlich andere Elemente wie Sauerstoff oder Stickstoff. Viele dieser chemischen Verbindungen sind giftig oder anderweitig gesundheitsschädlich, alle sind brennbar.

Für den Umgang mit diesen Lösungsmitteln gelten die Forderungen der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Um die Vorgaben gegenüber weniger gefährlichen Stoffen abzugrenzen, verwenden die TRGS den Begriff Lösemittel.

Zur Beurteilung und Verringerung der Gefahr für Mensch und Umwelt werden die Eigenschaften von Lösungsmitteln durch sicherheitstechnische Kennzahlen beschrieben. Zur Einschätzung der Brand- und Explosionsgefahr werden unter anderem der Flammpunkt, die Explosionsgrenzen und die Zündtemperatur genutzt. Diese Größen werden in genormten Versuchen ermittelt und gelten streng genommen nur unter den festgelegten Versuchsbedingungen. Aus den ermittelten Werten lassen sich Rückschlüsse auf Vorkehrungen zum Brand- und Explosionsschutz ziehen.

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Um von Lösemitteln verursachte Gesundheits- und Umweltgefahren einzuschätzen, werden die Ergebnisse von Studien zur Wirkung der betreffenden Stoffe auf Organismen herangezogen. Daraus leiten sich Grenzwerte für den Gehalt der Lösemittel in der Abluft, im Abwasser und in der Atemluft an Arbeitsplätzen ab. Außerdem ergeben sich Vorgaben für persönliche Schutzausrüstungen beim Umgang mit den betreffenden Lösungsmitteln.

Über Chemische Werke Kluthe GmbH

Als Spezialist für Oberflächenbehandlung entwickeln und produzieren die Chemischen Werke Kluthe GmbH chemische Produkte sowie innovative Prozesslösungen für die Bereiche Forming & Protection, Metalworking & Cleaning, Pretreatment und Paint Shop. In diesen Geschäftsbereichen finden wir unsere Schwerpunkte und können so unseren Kunden als Spezialisten und Generalisten eine optimale Beratung gewährleisten.