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Lösemittel destillieren und wiederverwenden

Verbrauchte Kaltreiniger, Verdünner und Entlackungsmittel oder Overspray sind Stoffe, die bei einigen Verfahren der Oberflächentechnik übrigbleiben. Darin enthaltene Lösemittel lassen sich durch Destillation zurückgewinnen. Das hat folgenden Grund: Unterschiedliche Dampfdrücke führen dazu, dass sich in einem siedenden Flüssigkeitsgemisch die Zusammensetzungen von Dampf und Flüssigkeit voneinander unterscheiden. Dieses Naturgesetz wird bei der Lösemitteldestillation für das Recycling von Wertstoffen genutzt. Warum und wie man Lösungsmittel destillieren sollte, erfahren Sie hier.

Was passiert beim Verdampfen eines Flüssigkeitsgemisches?

Wie eine reine Flüssigkeit verdampft, lässt sich einfach durchschauen. Die kontinuierliche Wärmezufuhr führt solange zum Temperaturanstieg, bis der Siedepunkt der Flüssigkeit erreicht ist. Dann verraten sichtbare Dampfblasen und die trotz Wärmezufuhr gleichbleibende Temperatur, dass sich etwas tut. Die Flüssigkeit wird zu Dampf. Ganz im Verborgenen ist ein Teil der Flüssigkeit aber schon vorher zu Dampf geworden. Er ist verdunstet. Dieses Verhalten erschwert das Destillieren von Flüssigkeitsgemischen. Die Bestandteile einigen sich auf einen gemeinsamen Siedepunkt irgendwo in der Mitte, und wer den größten Dampfdruck hat, beansprucht den größten Anteil am Dampf.

Apothekerin beim Destillieren
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Bei der Lösemitteldestillation trifft das in der Regel auf ein Lösungsmittel zu. Der Siedepunkt eines Flüssigkeitsgemisches stellt sich in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Flüssigkeit ein. Da die Komponenten unterschiedlich stark verdampfen, verschiebt sich Zusammensetzung der Flüssigkeit im Verlauf des Prozesses. Die Siedetemperatur zieht nach und steigt immer weiter an. Erreicht sie ihr Maximum, verdampft der letzte Rest, der den geringsten Dampfdruck hat. Die Flüssigkeit ist weg, der Dampf hat die gleiche Zusammensetzung wie das ursprüngliche Flüssigkeitsgemisch.

Lösemittelrückgewinnung durch Destillieren

So weit soll es bei der Destillation aber nicht kommen. Zweck ist es ja, die Stoffe zu trennen und die Lösemittel zurückzugewinnen. Das gelingt mit einem gewissen Maß an Kompromissbereitschaft. Zum Beispiel kann man Lösemittel destillieren, indem man den Dampf, der zuerst entsteht, einfängt und kondensiert. Dann hat man ein neues Flüssigkeitsgemisch mit einem höheren Lösemittelanteil.

Wenn man das verdampft und den zu Beginn erhaltenen Dampf wieder kondensiert und immer so weiter, kommt man an einen Punkt, an dem das Lösungsmittel sauber genug ist, um es wiederzuverwenden. Leider ist dann meistens nur noch wenig davon übriggeblieben.

Um die abwechselnde Kondensation und Verdampfung einigermaßen wirtschaftlich zu gestalten, nutzt man zum Destillieren Kolonnen. Das sind lange Säulen, die mit Füllkörpern oder Metallgittern gefüllt wurden. Am unteren Ende, dem Sumpf, befindet sich ein Verdampfer. Dort wird dem System Wärme zugeführt. Am oberen Ende, dem Kopf, befindet sich ein Kondensator. Dort wird Wärme entzogen. Der heiße Dampf strömt in der Säule nach oben und gelangt in den Kondensator, in dem er flüssig wird.

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Eine bestimmte Menge der Flüssigkeit (Rücklauf) wird in die Säule zurückgeführt und rieselt im Gegenstrom zum Dampf herab. Unten angekommen, verlässt ein Teil der Flüssigkeit die Säule, der Rest wird zusammen mit dem kontinuierlich zugeführten Ursprungsgemisch erneut verdampft. Überall, wo die etwas kühlere Flüssigkeit und der etwas wärmere Dampf zusammentreffen, kommt es zum Wärmeaustausch. Die Wärme, die auf die Flüssigkeit übergeht, lässt ein bisschen davon verdampfen. Die Wärme, die der Dampf abgibt, lässt ein bisschen davon kondensieren. Auf seinem Weg nach oben reichert sich der Dampf mit der Menge Lösemittel an, die die Flüssigkeit auf dem Weg nach unten abgibt.

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Beide Medien haben stets die ihren Konzentrationen entsprechenden Siedetemperaturen. Aus dem Temperaturverlauf entlang der Säule lässt sich die Zusammensetzung an jeder Stelle berechnen. Sind mehr als zwei Stoffe am Prozess beteiligt, kann man seitlich in unterschiedlichen Höhen Stoffgemische mit bestimmten Zusammensetzungen (Fraktionen) entnehmen und weiterverarbeiten. Dieses Verfahren wird als fraktionierte Destillation bezeichnet.

Vorbereitung der Reststoffe für die Destillation

Reststoffe aus der Oberflächentechnik enthalten oft feste Bestandteile. Lackrückstände, Ölschlamm oder Feststoffe aus der Teilereinigung würden die Destillationskolonnen schnell verstopfen. Um die enthaltenen Lösemittel destillieren zu können, muss man die Feststoffe irgendwie loswerden. Die groben Feststoffe lassen sich durch Filter zurückhalten oder in Separatoren (so etwas wie große Zentrifugen) herausschleudern.

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Filterrückstände und Schlämme aus Separatoren kann man trocknen. Vorrangig geschieht das mit Abwärme, die in anderen Prozessen, zum Beispiel bei der Kühlung, anfällt. Die bei der Trocknung freigesetzten lösemittelhaltigen Dämpfe werden aufgefangen, kondensiert und weiterverarbeitet.

Lösemittel effizient destillieren

Das Verfahren, Lösemittel so zu destillieren, dass sie wiederverwendbar sind, ist relativ aufwändig. Kleine Vakuumdestillationsanlagen, die an eine innerbetriebliche Abwasserbehandlung angeschlossen sind, können das nicht leisten, weil sie in der Regel einstufig arbeiten. Sie tragen aber zur Nachhaltigkeit bei, indem sie Brauchwasser liefern und die Reststoffmengen reduzieren. Das Recycling der Reststoffe übernehmen dann am besten größere Betriebe, die sich darauf spezialisiert haben. Lösemittel destillieren stellt außerdem besondere Anforderungen an die Anlagentechnik.

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Dämpfe brennbarer Flüssigkeiten bilden mit der Luft explosionsfähige Gemische. Elektrotechnische Ausrüstungen für die Erfassung von Messwerten und die Steuerung der Prozesse müssen explosionsgeschützt ausgeführt sein. Die Prozesse laufen in geschlossenen Anlagen ab, um das Eindringen von Luft und den Austritt von Dämpfen zu vermeiden. Dieser Aufwand macht sich erst bei größeren Durchsatzmengen bezahlt.

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Lösemittelhaltige Reststoffe immer getrennt voneinander bereitstellen

Recycling-Unternehmen arbeiten umso wirtschaftlicher, je besser die Reststoffe aus den einzelnen Bereichen der Oberflächentechnik beim Erzeuger getrennt werden. Kluthe gehört zu den Betrieben, die ihre Kunden aktiv beim Recycling unterstützen. Beispielsweise stellt die Firma Behältersysteme zur Verfügung, in denen die Rückstände lösemittelhaltiger und wasserbasierter Farben und Lacke sowie Verdünner getrennt voneinander gesammelt werden.

Die betriebseigene Spedition Eberhard holt die Gebinde ab und transportiert sie zu Kluthes Tochterunternehmen REMATEC. Diese Firma betreibt an zwei Standorten in Deutschland Großanlagen, in denen sich unter anderem auch Lösemittel destillieren lassen. Nach einer Analyse der Inhaltsstoffe durchlaufen die Gemische die optimalen Verfahrensstufen, deren Mittelpunkt die Lösemitteldestillation darstellt.

Reststoffaufbereitung bei REMATEC für mehr Nachhaltigkeit

Zu den patentierten Verfahren für die Aufbereitung von Reststoffen bei REMATEC gehört das Resolve-T Verfahren, bei dem organische Lösungsmittel zurückgewonnen und gleichzeitig die Destillationsrückstände getrocknet und verwertet werden. Die anschließende Reinigung und Fraktionierung der Lösungsmittel erfolgen mittels Destillation.

Durch die Lösemittelrückgewinnung können die Kunden nachhaltig und ressourcenschonend hergestellte Stoffe – wie zum Beispiel Alkohole, Essigsäureester, Ketone und diverse Verdünner – bekommen. Abfallbilanz und CO2 Bilanz verbessern sich beim Kunden deutlich.

Über Chemische Werke Kluthe GmbH

Als Spezialist für Oberflächenbehandlung entwickeln und produzieren die Chemischen Werke Kluthe GmbH chemische Produkte sowie innovative Prozesslösungen für die Bereiche Forming & Protection, Metalworking & Cleaning, Pretreatment und Paint Shop. In diesen Geschäftsbereichen finden wir unsere Schwerpunkte und können so unseren Kunden als Spezialisten und Generalisten eine optimale Beratung gewährleisten.