Circular-Economy-Symbolbild
© Miha Creative - stock.adobe.com

Circular Economy in der Chemie

« Einsatz von Primärrohstoffen reduzieren »

Angesichts knapp werdender Ressourcen wird es zunehmend wichtiger, den Anteil nicht erneuerbarer Primärrohstoffe zu reduzieren. Das kann nur gelingen, indem Materialien rückgewonnen und wiederverwendet werden. Wie in vielen anderen Branchen spielt daher auch in der chemischen Industrie die Circular Economy, zu Deutsch: Kreislaufwirtschaft, eine immer größere Rolle. Hier erfahren Sie, was es mit der kreislauforientierten Wirtschaft auf sich hat und wie sie sich realisieren lässt.

Was genau ist Circular Economy?

Bei der Circular Economy handelt es sich um ein Modell der Erzeugung und des Verbrauchs, bei dem alle in der Wertschöpfung genutzten Primärrohstoffe möglichst lange in einem Kreislauf gehalten werden. Zu Beginn des Wertschöpfungsprozesses besitzen diese Materialien definierte Eigenschaften, die am Ende noch verfügbar sein oder zurückgewonnen werden müssen. Dass die stoffliche Wiedergewinnung aus naturwissenschaftlicher und technologischer Sicht möglich ist, muss bereits vor Beginn des Herstellungsprozesses sichergestellt sein.

Mit dem Begriff Kreislaufwirtschaft wird der theoretische Idealzustand beschrieben, bei dem eine 100-prozentige Verwertung stattfindet. Aufgrund der akuten globalen Gefährdung der Umwelt und des voranschreitenden Klimawandels ist es nötig, schnellstmöglich die weitestgehende Annäherung an dieses Ideal zu erreichen und eine nachhaltige Grüne Chemie zu etablieren.

Die Ziele der Circular Economy bestehen darin, Müll zu reduzieren, Produkte und die in ihnen enthaltenen Ressourcen so lange wie möglich zu nutzen und Rohstoffe durch Re- oder Upcycling wiederverwenden zu können. Die perfekte Form von Circular Economy wird als Cradle-to-Cradle (von der Wiege zur Wiege) bezeichnet. Dieses Modell steht im Gegensatz zur linearen Wirtschaft (Cradle-to-Grave), bei der Produkte und Materialien nach ihrer Nutzung im Abfall landen.

Recyceltes-Plastik in Pellets
© vadimborkin – stock.adobe.com

Wie lässt sich die Kreislaufwirtschaft in der Chemie umsetzen?

Um eine zirkuläre Wirtschaft in einem Unternehmen der Chemiebranche zu verwirklichen, bedarf es konkreter Gestaltungsfelder, die sich an der Wertschöpfung des Betriebes orientieren. Diese sollte sich idealerweise nicht nur von den Ausgangsstoffen bis zum Ende des Produktlebenszyklus erstrecken, sondern auch die umweltgerechte Entsorgung und den Markt der aus den gebrauchten Produkten gewonnenen Sekundärrohstoffe einschließen.

Ansätze zur Circular Economy bei der Rohstoffauswahl

Dem grundlegenden Konzept der Kreislaufwirtschaft folgend, gilt es, Primärrohstoffe sukzessive durch Sekundärrohstoffe zu ersetzen. Ebenso ist es möglich, petrochemische Ausgangsstoffe durch nachwachsende Rohstoffe abzulösen. Mit dem Einsatz nachwachsender oder Sekundärrohstoffe ergeben sich zugleich viele Chancen, neue Zielgruppen und/oder Marktsegmente zu erschließen oder veränderte Kundenerwartungen hinsichtlich ressourceneffizienter Erzeugnisse oder Lösungen zu erfüllen.

Ansätze zur Circular Economy bei Produktdesign und Herstellung

Ein am Cradle-to-Cradle-Prinzip orientiertes Design von Erzeugnissen der Chemieindustrie zählt zu den größten Hebeln für den Umstieg in eine zirkuläre Wirtschaft. Die Möglichkeiten für Ressourceneffizienz, das Re- oder Upcycling und das Wiederverwenden werden bereits bei der Formulierung chemischer Produkte angelegt. In der chemischen Industrie, die zahlreiche Vorstufenprodukte für unterschiedlichste Endanwendungen produziert, gilt das sowohl für die eigenen Erzeugnisse als auch für die weitere Nutzung bis hin zum Endprodukt.

Die Forschung und Entwicklung bei Kluthe hat sich das Ziel gesetzt, ressourcenschonende und klimafreundliche Produkte zu entwickeln

Ansätze bei Verpackung und Transport

Der Einfluss von Unternehmen auf Wiederverwendungs- und Recyclinglösungen ist oftmals größer als bei Erzeugnissen, die in nachgelagerten oder mehrstufigen Anwendungen aufgehen. Obendrein lassen sich über die Verpackungen auch Möglichkeiten zur Nachverfolgbarkeit eigener Produkte für das Recycling und End-of-Life-Lösungen realisieren. Tatsächlich hat die Grüne Chemie schon jetzt verschiedene Lösungskonzepte etabliert, die das Aufbereiten und Wiederverwenden von Transportbehältern wie IBC, Fässern und Kanistern inkludieren.

Zirkuläre Produkte als Ausgangspunkt für Circular Economy beim Kunden

Indem ein Unternehmen zirkuläre Produkte herstellt, kann es die Kreislaufziele seiner Abnehmer beeinflussen und fördern. Die Herstellung von Cradle-to-Cradle-Erzeugnissen mit optimierten Eigenschaften kann dazu beitragen, nachgelagerte Verarbeitungsprozesse beim Kunden zu verbessern, die Zahl der Verarbeitungsschritte zu verringern und/oder die Menge der verbrauchten Produkte zu senken. Indem Compliance-Vorgaben und Zertifizierungsanforderungen erfüllt und Primärrohstoffe durch nachwachsende oder Sekundärrohstoffe ersetzt werden, hilft das den Kunden ebenfalls dabei, zirkuläre Geschäftsmodelle einzuführen und zu optimieren.

Bereits im Einkauf der benötigten Rohstoffe setzt Kluthe auf möglichst innovative Lieferketten mit hoher Nachhaltigkeitsperformance

Ansätze für End-of-Life-Lösungen für Erzeugnisse

Um Potenziale zur Weiterverwendung von Produkten und Produktkomponenten maximal ausschöpfen zu können, setzen am Ende des Produktlebenszyklus Maßnahmen zur Verwertung und zum Recycling an. Die Möglichkeiten für eine spätere Verwendung oder die Wiederaufbereitung werden bereits in der Design- und Formulierungsphase der Produkte durch die Materialauswahl und -zusammensetzung beeinflusst. Probleme bezüglich der End-of-Life-Fähigkeit ergeben sich häufig erst in nachgelagerten Anwendungen.

Ansätze für zirkuläre Geschäftsmodelle

Für eine funktionierende zirkuläre Wirtschaft ist es nötig, Stoff- und Informationsflüsse optimal zu koordinieren und mehr Transparenz zu gewährleisten. Informationen und Daten zu Mengen, Produktqualität und enthaltenen Rohstoffen müssen erhoben sowie einheitlich und transparent zugänglich gemacht werden. Hierzu sind digitale Hilfsmittel unabkömmlich.

Circular-Economy-Symbolbild
© yokie – stock.adobe.com

Worin liegen die Herausforderungen der Circular Economy in der Chemie?

Die Hürden für eine moderne Circular Economy sind vielfältig und oft nicht einfach zu nehmen. So können neue Formulierungen mit Sekundärrohstoffen Verfahrens- und Prozessanpassungen notwendig machen, die eine sorgfältige Planung und oft auch die Entwicklung neuer Technologien erfordern. Zudem bedeuten nachwachsende und Sekundärrohstoffe nicht automatisch einen geringeren Ressourcenverbrauch oder eine bessere Energiebilanz gegenüber Primärrohstoffen.

Viele Erzeugnisse der chemischen Industrie gehen in der Endanwendung in Materialverbunden und komplexen Kombinationen auf. Damit steigt der Aufwand für das Re- oder Upcycling. Wie Vergleichsanalysen über den Lebenszyklus zeigen, kann für einzelne zirkuläre Produkte und die derzeit verfügbaren Recyclingtechnologien die Ressourcen- und Energieeffizienz sinken. In Anbetracht des rasanten technischen Fortschritts können solche Life-Cycle-Analysen aber immer nur eine Momentaufnahme liefern und sollten daher regelmäßig überprüft werden.

Als Teil nachhaltigen Handelns hat die Kluthe GmbH das Tochterunternehmen Rematec GmBH gegründet

Das Verwenden mehrfach nutzbarer, wiederbefüllbarer Verpackungen kann helfen, Müll zu reduzieren. Ferner können Verpackungen aus nachwachsenden oder Sekundärrohstoffen dazu beitragen, Primärrohstoffe zu reduzieren. Bislang sind jedoch nicht für alle Produkte und Anwendungsbereiche Verpackungen verfügbar, die den Transport- und Produktschutz in vollem Umfang gewährleisten. Zudem sind innovative Verpackungen häufig teurer und erklärungsbedürftig. Das erschwert die kundenseitige Akzeptanz.

Eigene Circular-Economy-Produkte als Enabler für eine kreislauforientierte Wirtschaft beim Kunden sind in aller Regel nur möglich, wenn eine enge Vernetzung oder Kooperation besteht. Der Mehrwert ist häufig nur schwer kommunizierbar und der Zeit- und Kostenaufwand für das Recycling und die Verwertung von Produktionsausschussstoffen hoch.

Bei der Wiederaufbereitung am Ende des Produktlebenszyklus liegt das Problem darin, dass die Qualitäten zurückgenommener, gebrauchter Materialien sehr stark variieren können. Kontaminiertes Material lässt sich oftmals nicht ohne nur mit großem Aufwand identifizieren.

Das größte Hindernis für neue zirkuläre Geschäftsmodelle ist die mangelnde Transparenz. Aus Angst, Mitbewerber könnten zu viel erfahren, ist die offene und konkrete Kommunikation oft unerwünscht. Das erschwert die ohnehin nicht einfache Umsetzung von Cradle-to-Cradle zusätzlich.

Circular Economy bei Kluthe: Das tun wir, um Primärrohstoffe und Müll zu reduzieren

Als Verfechter für Grüne Chemie leisten wir von Kluthe gemeinsam mit unserem Tochterunternehmen REMATEC einen wichtigen Beitrag zur Circular Economy. Mit unserem innovativen Verfahren Resolve-T gewinnen wir beispielsweise organische Lösungsmittel zurück, um Primärrohstoffe zu reduzieren und Abfälle zu vermeiden. Darüber hinaus bereiten wir mit unserem Isodry-Verfahren Altlacke, Altfarben und Lackkoagulate zu Lösemitteln, Wasser und Trockengut auf, die wir erneut dem Wirtschaftskreislauf zuführen. Auch unsere Abwasserbehandlung bietet viele Ansätze zur Nutzung von Wasser in Kreislaufprozessen.

Die Chemische Werke Kluthe GmbH bietet intelligente Lösungen für alle chemisch-physikalisch entfernbaren Verschmutzungen

______________________________________________________________________________________________

Unter anderem wurden folgende Quellen zur Recherche genutzt.

[1]https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20151201STO05603/kreislaufwirtschaft-definition-und-vorteile

[2]https://www.chemiehoch3.de/handlungshilfen/leitfaden-kreislaufwirtschaft/

[3]https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/kreislaufwirtschaft-123481

Über Julian Senn

Julian Senn studierte Biochemie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie Nachhaltigkeitswissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. Von 2020 bis 2022 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg im Bereich Ökobilanzierung und Carbon Footprinting von biobasierten Chemikalien, Materialien und nachwachsenden Rohstoffen. Seit 2022 ist er Sustainability & Communications Manager bei der Chemische Werke Kluthe GmbH.