Der Begriff Nachhaltigkeit wird in dieser Zeit so häufig von Politikern strapaziert, dass ihn mancher gar nicht mehr hören oder lesen möchte. Es liegt aber im ureigenen Interesse von Gesellschaft, Landwirtschaft und Industrie, sich bei der Gestaltung der Prozesse nicht selbst das Wasser abzugraben. Die Oberflächenbearbeitung nutzt in großem Umfang die Ressourcen Mensch, Wasser und Energie. Nachhaltige Prozessführung bedeutet, so sorgsam damit umzugehen, dass alles auch in der Zukunft verfügbar ist. Dabei müssen die ökologischen und sozialen Belange mit den ökonomischen Interessen in Einklang gebracht werden.
Der Weg zur Nachhaltigkeit in der Industrie
Nachhaltig wirtschaften bedeutet in erster Linie, Einsparpotenziale zu nutzen und Emissionen zu minimieren. Das wirkt sich auch dann langfristig kostensenkend auf die Produktion und die Gesellschaft aus, wenn zunächst Investitionen erforderlich sind. Wie in der gesamten Industrie kommen auch in der nachhaltigen Oberflächenbearbeitung allgemeine Vorgehensweisen zum Einsatz.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, in welchem Maß Ressourcen verbraucht werden und welche Umweltbelastungen vom Unternehmen verursacht werden. Eine Grundlage dafür ist die Kostenrechnung, aus der sich Rückschlüsse auf den Materialfluss, den Energiefluss und die Verfügbarkeit der Mitarbeiter ableiten lassen. Eine weitere Grundlage ist die Überprüfung, ob die vorhandene Technologie dem Stand der Technik entspricht. Ergebnis dieser Überlegungen sind konkrete Zahlen zu
- Wasserverbrauch
- Materialverbrauch
- Energieverbrauch
- Abfallaufkommen
- Krankenstand
- Emissionen
Werden diese Zahlen den einzelnen Stationen im Produktionsprozess zugeordnet, sind konkrete Einspar- und Verbesserungspotenziale erkennbar. Darauf aufbauend werden Ziele formuliert und zahlenmäßig festgehalten. Schließlich sind Methoden zu finden, diese Ziele zu erreichen. Die Methoden können in
- der Einführung neuer Technologien
- der Qualifizierung des Personals
- der Verbesserung der Arbeitsbedingungen
bestehen. Im folgenden Text finden Sie eine Zusammenstellung von Beispielen für nachhaltige Prozesse in der Oberflächenbearbeitung.
Nachhaltige Prozesse bei der Zerspanung
In der spanenden Bearbeitung ergeben sich vor allem bei der Verwendung von Kühlschmierstoffen, dem Materialeinsatz, der Druckluftbereitstellung und dem Verbrauch von Elektroenergie Einsparpotenziale. Ob diese Potenziale genutzt werden, hängt von der Mitwirkung aller am Produktionsprozess beteiligten Kräfte ab. Darum gehören gute Arbeitsbedingungen zur Realisierung nachhaltiger Prozesse dazu. Sie senken zum Beispiel diejenigen Aufwendungen für Material, Betriebsstoffe und Energie, die durch Ausschuss und Nacharbeit anfallen.
Standzeitverlängerung der Kühlschmierstoffe
Konkrete technische Maßnahmen zur Nachhaltigkeit sind für die Standzeitverlängerung der Kühlschmierstoffe durchführbar. Sie bestehen im Abscheiden von Fremdölen, Spänen und Abrieb. Dafür stehen Ölskimmer und Filter zur Verfügung. Die regelmäßige Überprüfung der Konzentration wassergemischter Kühlschmierstoffe kann ebenfalls zur nachhaltigen Verringerung des Verbrauchs führen.
Nachhaltige Abluftreinigung zur Emissionsbegrenzung
Flüssigkeiten verdunsten und verteilen sich in der Luft. Das ist besonders bei wassergemischten Kühlschmierstoffen der Fall, deren Wirkung zum Teil auf diesem Prinzip beruht. Die Verringerung von Emissionen im Zusammenhang mit dem Kühlschmierstoffeinsatz wird durch Absauganlagen erreicht, die mit einer Abluftreinigung ausgerüstet sind.
Druckluftsysteme optimieren
Eine Quelle für Energieverluste sind undichte Druckluftsysteme. Die Überprüfung des Leitungsnetzes und die Abdichtung von Leckagestellen sind in vielen Betrieben der metallverarbeitenden Industrie eine lohnende Maßnahme zur Energieeinsparung.
Maßgenauer Materialeinsatz
Nicht zu unterschätzendes Potenzial liegt bei der Zerspanung auch darin, die Rohlinge wie Stangen und Rohre, maßlich so zu beschaffen, dass die Bearbeitung auf ein Minimum reduziert wird. Oft wird überdimensioniertes Material eingesetzt, bei dem zu viel weggedreht oder -gefräst werden muss.
Nachhaltige Prozesse bei der Beschichtung
Die Beschichtung ist ein Prozess, der zur Verlängerung der Lebensdauer von Gebrauchsgütern beiträgt. Sie ist damit selbst ein Bestandteil nachhaltigen Handelns. Allerdings ist sie mit einem hohen Bedarf an Wasser und Energie verbunden. Einsparpotenzial besteht neben den allgemeinen Möglichkeiten vor allem bei der Reinigung und der Trocknung der Bauteile. Die Technologie eignet sich außerdem für die Einrichtung von Kreisläufen, mit denen die Rückgewinnung von Wasser und Betriebsstoffen erreicht wird.
Verlängerung der Standzeiten von Prozessbädern
Einen Beitrag, nachhaltige Prozesse zu realisieren, leisten Maßnahmen zur Verlängerung der Standzeiten von Prozessbädern. Dazu zählen das Ausschleusen von Verunreinigungen und das Abdecken der Behälter zur Verringerung von Verlusten durch die Verdunstung. Außerdem lassen sich Dosiersysteme für eine automatische Ergänzung von Verbrauchsmaterialien einrichten. Damit wird erreicht, dass immer die benötigten Konzentrationen vorhanden sind und eine Überdosierung vermieden wird.
Abwärme für die Trocknung nutzen
Beim Trocknen der Bauteile lässt sich nachhaltig Energie einsparen, wenn für das Aufheizen der dazu verwendeten Luft Abwärme genutzt wird, die an anderer Stelle frei wird. Die Umsetzung dieser Maßnahme erfolgt durch den Einsatz von Wärmetauschern, in denen Wärme von heißen Medien an die Luft abgegeben wird.
Wasser zurückgewinnen
Mit Anlagen zur Abwasseraufbereitung reduziert sich der Wasserverbrauch deutlich. Je nach Art der Verunreinigungen bieten sich dafür verschiedenen Verfahren an. Feste Stoffe können zum Beispiel durch Filter zurückgehalten werden. Schlamm kann durch Förderschnecken aus dem Wasser entfernt werden. Organische Stoffe lagern sich an Bindemittel an, die auf dem Wasser aufschwimmen oder sich am Boden absetzen.
Effiziente Gestaltung des Pumpen- und Rohrleitungssystems
Ein Teil, der in der Oberflächentechnik für Beschichtungen benötigten Energie wird von Pumpen verbraucht, die Flüssigkeiten durch Rohrleitungen fördern. Diese Energie wird für die Druckerzeugung und für den Ausgleich von Reibungsverlusten in den Rohren eingesetzt. Die effiziente Gestaltung des Pumpen- und Rohrleitungssystems führt zur Reduzierung der Reibung und der benötigten Drücke. Entscheidend für diese Parameter sind die Rohrquerschnitte, die an den Förderstrom angepasst werden und die zu überwindenden Höhenunterschiede.
Emissionen durch nachhaltige Abluftreinigung reduzieren
Bei vielen Beschichtungsverfahren ist der Einsatz organischer Lösemittel erforderlich, die meistens schnell verdunsten. Um daraus resultierende Emissionen nachhaltig zu vermeiden, werden Anlagen zur Abluftreinigung eingesetzt. Ökologisch günstig sind Anlagen, die die Lösungsmittel so aus der Luft entfernen, dass diese wiederverwendet werden können.
Effiziente Lagerwirtschaft zur Vermeidung von Verlusten
Eine suboptimale Lagerwirtschaft kann dazu führen, dass Produkte vor ihrem Einsatz unbrauchbar werden, weil das Haltbarkeitsdatum überschritten wurde oder weil sich Umgebungseinflüsse wie zu hohe Feuchtigkeit und falsche Lagertemperaturen ungünstig auf die Inhaltsstoffe auswirken. Eine effiziente Lagerwirtschaft verhindert derartige Verluste.