Abfallminimierung und Ressourcenrückgewinnung in der chemischen Produktion
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Neue Methoden zur Abfallminimierung und Ressourcenrückgewinnung in der chemischen Produktion

Im Unterschied zu vielen anderen Branchen sind die Abfälle der Chemieindustrie nicht nur mengenmäßig relevant, sondern bergen auch ein mögliches Gefahrenpotenzial. Angesichts der Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit ist die Abfallminimierung in der Chemie von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige Zukunft. Um den ökologischen Fußabdruck der Branche zu verkleinern, ist es unabdingbar, neue Strategien und Methoden zur Abfallminimierung und Ressourcenrückgewinnung zu entwickeln und umzusetzen. Unter dem Stichwort „Grüne Chemie“ arbeiten Forscher, Entwickler und Unternehmen daran, das Abfallmanagement in der chemischen Industrie zu verbessern, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und nachhaltige Produktionsprozesse zu etablieren.

Grüne Chemie hilft, Abfälle zu vermeiden

Moderne Produktionsprozesse in der chemischen Industrie sind grundsätzlich auf bestmögliche Abfallminimierung ausgerichtet. Mittlerweile hat es die Branche geschafft, die Abfallmenge vom Produktionswachstum zu entkoppeln. Eine Vielzahl von Verfahren sind so konzipiert, dass sie dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft folgen. So werden beispielsweise in der Produktion benötigte Lösungsmittel möglichst lange im Kreislauf gehalten. Erst wenn ihre Qualität dafür nicht mehr ausreicht, werden sie anderweitig verwendet oder der Ressourcenrückgewinnung im Rahmen einer Aufbereitung zugeführt.

Am Produktlebensende nutzt die grüne Chemie verschiedene Optionen der Kreislaufwirtschaft zur Abfallreduzierung. Zum einen besteht die Möglichkeit der Rohstoffrückgewinnung durch mechanisches und chemisches Recycling. Zum anderen trägt auch die energetische Verwertung nicht recycelbarer Produkte zur Abfallminimierung in der chemischen Produktion bei. Das beim Verbrennen entstehende CO2 lässt sich als Rohstoff direkt nutzen. Ebenso können es Pflanzen durch Fotosynthese in Biomasse umwandeln, die als nachwachsende Ressource dem Produktionsprozess wieder zur Verfügung steht.

Chemische Werke Kluthe GmbH | Methoden zur Abfallminimierung und Ressourcenrückgewinnung in der chemischen Produktion

Abfallvermeidung von Anfang an schont die Ressourcen und das Budget

Am besten ist es, Abfall überhaupt nicht entstehen zu lassen. Hierfür existieren zwei wirksame Ansätze: die Quellenreduzierung und die Prozessoptimierung.

Die Quellenreduzierung legt den Fokus darauf, Herstellungsprozesse so zu verändern, dass weniger bis gar keine Abfälle erzeugt werden. Das kann gelingen durch:

  • die effizientere Nutzung und Wiederverwendung von Chemikalien,
  • die Minimierung der Einsatzkonzentration bei gleichbleibender Performance,
  • das Vermeiden von Rückständen durch einen möglichst vollständigen Stoffumsatz,
  • den Einsatz hochwertiger Rohstoffe, um die Ausschussmengen zu minimieren,
  • das Hervorbringen ausschließlich weiterverwendbarer Nebenprodukte und
  • das Entwickeln langlebiger Erzeugnisse, die sich wiederverwenden oder wiederverwerten lassen.

Bei der Abfallminimierung durch Prozessoptimierung geht es darum, Rückstände durch eine Verfeinerung und die effizientere Gestaltung industrieller Prozesse zu vermeiden. Hierunter fallen beispielsweise:

  • die Modernisierung von Maschinen und Anlagen zur Effizienzsteigerung,
  • die Verbesserung von Produktionslayouts und
  • die Implementierung saubererer Produktions- und Abfallreduzierungs-Technologien

Die Reduzierung von Produktionsabfällen bis hin zu Zero-Waste-Strategien bieten sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Einerseits trägt die Abfallminimierung in der Chemie zur Ressourcenschonung und zum Umweltschutz in der Industrie bei. Andererseits können Unternehmen mit modernen Abfallreduzierungs-Technologien ihre Entsorgungs- und Behandlungskosten maßgeblich senken und auf diese Weise finanzielle Mittel für andere Unternehmensbereiche freisetzen.

Ressourcenrückgewinnung für eine nachhaltige chemische Produktion

Neben der Abfallminimierung durch Abfallvermeidung spielt eine innovative Abfallverwertung durch Rohstoffrückgewinnung eine zunehmend größere Rolle in der chemischen Industrie. Anstatt ihn als lästiges Problem zu entsorgen, wird nicht vermeidbarer Abfall zu einer Ressource, die als Sekundärrohstoff im eigenen Produktionsprozess und/oder in einer anderen Industrie eingesetzt werden kann. Das trägt nicht zur Abfallminimierung in der Chemie bei, sondern hilft zugleich, den Einsatz endlicher Primärrohstoffe, insbesondere fossiler Ressourcen, zu reduzieren.

Bei der Abfallminimierung durch Ressourcenrückgewinnung bringt die grüne Chemie drei Recyclingarten zur Anwendung:

  • das Stoffrecycling (Wiedergewinnung der Ausgangsstoffe),
  • das Recycling von Produktionsabfällen (Direktrecycling industrieller Abfälle) und
  • das Produktrecycling (Nutzung von Werkstoffen und anderer Komponenten)

Für die Abfallminimierung in der Chemie spielen vor allem die ersten beiden Arten eine Rolle. Für einen maximalen ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen sollten das Recycling in der Chemie möglichst wenige Prozessschritte inkludieren, sich durch Energieeffizienz auszeichnen und nachhaltige bzw. grüne Chemie verwenden.

Mit nachhaltigen Produkten von Kluthe CO₂ einsparen - Methoden zur Abfallminimierung und Ressourcenrückgewinnung in der chemischen Produktion

Vom Abfall zur Ressource durch Stoffrecycling

Am Anfang des Stoffrecyclings stehen das Zerlegen von Produkten in ihre Komponenten und das Trennen der verschiedenen Werkstoffe. Durch anschließende, bestenfalls nachhaltige Produktionsprozesse können die rückgewonnenen Materialien in die Kreislaufwirtschaft zurückgeführt werden.

Am besten funktioniert diese Form der Abfallminimierung bei Metallen, da diese aufgrund ihrer unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften eine zumindest teilweise Automatisierung der Ressourcenrückgewinnung erlauben. Auch das Recycling von Glas und Altpapier hat seit vielen Jahren einen festen Platz in der Kreislaufwirtschaft.

Schwieriger gestaltet sich das Stoffrecycling bei Kunststoffen, deren sehr ähnliche physikalische Eigenschaften eine sortenreine Trennung und damit auch die Umsetzung von Zero-Waste-Strategien erschweren. Gemischte Kunststoffabfälle können mithilfe verschiedener Verfahren (Pyrolyse, Verflüssigung, Vergasung) in ihre Grundbausteine rückverwandelt und auf diese Weise wieder als Rohstoffe nutzbar gemacht werden. Aufgrund ihrer geringen Energieeffizienz sind diese Prozesse derzeit aber noch unrentabel und somit keine wirkliche Alternative zur thermischen Verwertung.

Plastikrecycling
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Ressourcenrückgewinnung durch Produktionsabfallrecycling

Bei den Produktionsabfällen in der chemischen Industrie handelt es sich in erster Linie um verbrauchte Prozesschemikalien. Diese können durch verschiedene Verfahren in ihre Bestandteile zerlegt und aufbereitet werden. Die Kluthe-Werke haben hierzu die Tochterfirma Rematec gegründet, deren Aufgabe darin besteht, nicht vermeidbare Abfallstoffe möglichst umfassend in die Kreislaufwirtschaft zurückzuführen und damit zur Reduzierung von Produktionsabfällen beizutragen.

Rematec hält mehrere Patente für Verfahren, bei denen grüne Chemie zur Abfallaufbereitung in der chemischen Industrie zur Anwendung kommt. Unter anderem hat das Unternehmen das Resolve-T-Verfahren entwickelt, mit dem sich organische Lösungsmittel wiedergewinnen und zugleich die Destillationsrückstände trocknen und verwerten lassen.

Chemische Werke Kluthe GmbH | Harmony in Chemistry

Besondere Herausforderungen bei der Abfallminimierung in der Chemie

Die Abfallminimierung in der Chemie wird erschwert durch die Tatsache, dass die meisten chemischen Produkte bislang nur auf Umwegen hergestellt werden können. Den Naturgesetzen folgend, lassen sich zwei Stoffe oft nur miteinander verbinden, indem Zwischenprodukte erzeugt und anschließend über mehrere Prozessschritte in das gewünschte Endprodukt transformiert werden. Auf diesem Weg entstehen in aller Regel auch Nebenprodukte, die zunächst einmal Abfälle darstellen. Um eine nachhaltige chemische Produktion zu gewährleisten, gilt es, diese Stoffe durch innovative Abfallverwertung und ein gezieltes Abfallmanagement in eine Kreislaufwirtschaft einzubinden.

Eine der größten Herausforderungen beim Recycling in der chemischen Industrie besteht im Sammeln und Sortieren wiederverwertbarer Materialien und Stoffe. Ist keine sortenreine Trennung der Abfälle möglich, lässt sich eine Ressourcenrückgewinnung nur eingeschränkt realisieren. Aufschluss darüber, ob sich der Aufwand generell lohnt, kann eine Lebenszyklusanalyse liefern. Diese beschäftigt sich mit den umweltrelevanten Auswirkungen von Produkten, angefangen von der Gewinnung der Ressourcen bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwertung. Eine solche Lebenszyklusanalyse lässt sich nicht nur als Entscheidungsgrundlage für eine neue Recyclingstrategie nutzen, sondern ermöglicht auch fundierte Entscheidungen in Bezug auf Produktgestaltung, Materialauswahl und Herstellungsprozesse.

Wasserreinigung
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Angesichts der Dringlichkeit des Klimawandels und eines wachsenden Bewusstseins für Umweltfragen wird die grüne Chemie einschließlich Abfallminimierung, Recycling, Effizienzsteigerung und Wiederverwendung von Chemikalien in den kommenden Jahren einen zunehmend wichtigeren Stellenwert einnehmen. Zudem ist davon auszugehen, dass neue Technologien wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz, biobasierte Chemikalien, neue Katalysatoren und Kreislaufwirtschaft vermehrt dazu beitragen werden, die Chemiebranche nachhaltiger zu gestalten und den Umweltschutz in der Industrie zu verbessern.

Über Julian Senn

Julian Senn studierte Biochemie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie Nachhaltigkeitswissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. Von 2020 bis 2022 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg im Bereich Ökobilanzierung und Carbon Footprinting von biobasierten Chemikalien, Materialien und nachwachsenden Rohstoffen. Seit 2022 ist er Sustainability & Communications Manager bei der Chemische Werke Kluthe GmbH.