Die Industrie benötigt für viele fertigungstechnische und verfahrenstechnische Aufgaben Wasser mit besonders hohen Anforderungen an die Reinheit. Verfügbares Wasser enthält jedoch immer gelöste und zuweilen auch emulgierte oder feste Fremdstoffe. Eine oft aufwändige, meist mehrstufige Prozesswasser-Aufbereitung verringert deren Gehalt bis auf tolerierbare Restkonzentrationen. Lesen Sie hier, wie es gewonnen wird.
Überblick über die Prozesswasser-Aufbereitung
Für die Prozesswasser-Aufbereitung ist zunächst eine geeignete Wasserentnahmestelle erforderlich. Welche Entnahmestellen für das Rohwasser infrage kommen, hängt von ihrer Ergiebigkeit und dem Prozesswasserbedarf ab. Eine Wasseranalyse gibt über die Art und Menge der Inhaltstoffe Auskunft. Aus dem Vergleich der Analyseergebnisse mit den Anforderungen an das Prozesswasser leitet sich ab, welche Verfahren für die Aufbereitung erforderlich sind. Zu den Herausforderungen zählt dabei, Schwankungen in der Rohwasserzusammensetzung zu erfassen und diese durch Regelungstechnik so auszugleichen, dass es eine gleichbleibende Qualität beibehält.
Entnahmestellen für Rohwasser
Trinkwassernetz
Ist der Verbrauch an Prozesswasser überschaubar, bietet sich das öffentliche Trinkwassernetz als Entnahmestelle für Rohwasser an. Trinkwasser ist weitestgehend aufbereitet. Es ist keimfrei und enthält definierte Mengen an Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Mineralien.
Offene Gewässer
Oberflächengewässer aus Meeren, Flüssen, Seen oder Stauseen sind Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Deshalb sind im Rohwasser, das daraus entnommen wird, immer organische Stoffe enthalten. Vom Regen durch die Kanalisation gespülter Straßenschmutz und das Einleiten von – wenn auch behandelten – Abwässern aus der Industrie und aus Kommunen führen zu einer weiteren Zunahme von oft unbekannten Fremdstoffen, die überraschende Herausforderungen für die Prozesswasser-Aufbereitung bereithalten können.
Grundwasser aus Brunnen und Quellen
Grundwasser sammelt sich in Brunnen oder tritt als Quelle aus der Erde hervor. Bevor es die Erdoberfläche erreicht, wird es durch die Bodenschichten gefiltert. Dann hat es oft annähernde Trinkwasserqualität, kann aber auch einen höheren Mineralstoffgehalt, zusätzliche Salze, Trübstoffe und Keime enthalten.
Teilströme aus der Abwasserbehandlung
Aus der eigenen Abwasserbehandlung in der Industrie können sich Ressourcen für Prozesswasser-Aufbereitung ergeben. Die Vorteile resultieren aus der bekannten und weitgehend gleichbleibenden Zusammensetzung des zurückgewonnenen Rohwassers. Das aufbereitete Wasser kann gezielt dort verwendet werden, wo die Restkonzentrationen der Inhaltsstoffe tolerierbar sind.
Großräumige Zisternen für Niederschlagswasser
In der Klimakrise zeichnet sich ab, dass immer öfter lange Dürreperioden von heftigem Starkregen unterbrochen werden. Maximale Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sowie eine enorme Reduzierung von Kosten werden sich daraus ergeben, das Niederschlagswasser in Zisternen mit einem hohen Fassungsvermögen zu leiten und dort zu speichern. Zunächst mit hohen Kosten verbundene Investitionen in ein optimales Zulauf- und leistungsfähiges Speichersystem werden darüber hinaus Schutz vor Überflutungen von Landstrichen bieten und sich in Zukunft als äußerst wertvoll erweisen.
Verwendung von Prozesswasser
Prozesswasser findet in der Industrie ein breites Anwendungsspektrum. Zu den Haupteinsatzgebieten der Prozesswasser-Aufbereitung zählen:
- Produktwasser, das Wasser wird Bestandteil des Erzeugnisses vor allem in der chemischen, pharmazeutischen, kosmetischen und Lebensmittelindustrie
- Spül- und Waschwasser hauptsächlich in der Oberflächentechnik, der Papierindustrie, der Lebensmittelindustrie und der Textilindustrie
- für die Dosierung und Durchmischung von Reaktionspartnern zur Einstellung optimaler Reaktionsbedingungen in der chemischen Industrie und der Oberflächentechnik
- Wärmemanagement, Einstellung optimaler Reaktionstemperaturen durch Kühl- oder Heizkreisläufe
- Kesselspeisewasser für die Dampferzeugung in Kraftwerken und in der chemischen Industrie
- Reines Wasser für Analysen zu Qualitätssicherung.
Verfahren zur Aufbereitung von Prozesswasser
Aus den zahlreichen Entnahmemöglichkeiten von Rohwasser und der vielseitigen Verwendung lässt sich leicht absehen, dass die Prozesswasser-Aufbereitung in der Industrie ein äußerst umfangreiches Fachgebiet darstellt. Praktisch können, je nach Rohwasserqualität, sämtliche Verfahren zur Stofftrennung zum Einsatz kommen. Deshalb ist in diesem Rahmen nur ein kleiner Einblick in die Grundlagen der Prozesswasser-Aufbereitung möglich. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gebieten es, zunächst grobe Verunreinigungen zu entfernen und hohe Konzentrationen zu reduzieren. Danach lassen sich schrittweise Verfahren mit einer immer besseren Trennwirkung einsetzen, bis die erforderliche Prozesswasserqualität erreicht ist.
Filtrationsverfahren
Die optimale Vorgehensweise besteht darin, am Anfang alle festen Stoffe in Sieben und Filtern mit stetig sinkenden Maschenweiten bzw. Porengrößen zurückzuhalten. Für die unterschiedlichen Filtrationsverfahren bietet der Markt eine große Auswahl an technischen Lösungen an.
Chemische Behandlung
Die chemische Behandlung umfasst vor allem die Flockung von Trübstoffen, die Spaltung von Öl-Wasser-Emulsionen und die Fällung von Salzen. Außerdem werden durch eine chemische Behandlung bestimmte Eigenschaften in Prozesswässern eingestellt wie beispielsweise pH-Werte oder Biostabilität. Zusammengeballte Trübstoffflocken lassen sich durch Filter entfernen. Für aufschwimmende Öle nach der Emulsionsspaltung stehen Ölskimmer und -abscheider zur Verfügung. Die nach einer Fällung unlöslichen Salze sinken zu Boden. Oberhalb des Bodensatzes lässt sich das Wasser ableiten. Diesen Verfahren ist gemeinsam, dass dem Rohwasser geeignete Chemikalien mit einer genauen Dosierung zugemischt werden.
Umkehrosmose
Sind ein Lösungsmittel und eine Lösung durch eine Membran getrennt, die nur vom Lösungsmittel passiert werden kann, dringt das Lösungsmittel in die Lösung ein. In der Lösung sinkt die Konzentration. Die Triebkraft für diesen Vorgang ist der höhere Dampfdruck des Lösungsmittels im Vergleich zu ihrer Lösung. Der Stofffluss kommt zum Erliegen, wenn sich ein Druckausgleich eingestellt hat. Der Wert, der zu diesem Zeitpunkt erreicht ist, ist der osmotische Druck. Der Vorgang wird als Osmose bezeichnet. Die Membran nennt man halbdurchlässig oder semipermeabel. Erhöht man den Druck auf der Seite der Lösung über den osmotischen Druck hinaus, fließt das Lösungsmittel durch die Membran zurück. Die gelösten Stoffe verbleiben auf der ursprünglichen Seite. Dieses Verhalten wird als Umkehrosmose bezeichnet und bei der Prozesswasser-Aufbereitung ausgenutzt, um Wasser von Salzen und anderen Inhaltsstoffen zu trennen. Das gereinigte Wasser wird als Permeat bezeichnet.
Ionenaustauschtechnologie
Alumosilikate (Zeolithe), Aluminiumoxid, Tonmineralien, Chlorophyll oder Huminsäure sind natürlich vorkommende Stoffe, auf deren Oberfläche Ionen gebunden sind. Diese Ionen lassen sich durch Ionen mit einer höheren Ladung oder einer größeren molaren Masse austauschen. Materialien für den Ionenaustausch lassen sich auch künstlich herstellen. Sie liegen dann als Kunstharze oder Sulfonierte Kohlenwasserstoffe vor. Werden mit Ionenaustauschmaterial gefüllte Säulen von wässrigen Lösungen durchströmt, gehen leichte Ionen mit geringer Ladung in die Lösung und schwere Ionen mit höherer Ladung lagern sich an den nun freien Stellen an das Material an. So lassen sich schrittweise Salze entfernen. Die letzte Stufe besteht darin, mit Oxoniumionen und Hydroxidionen beladenen Ionentauscher letzte störende Ionen aus dem Wasser auszutauschen. Vorteile der Ionenaustauschtechnologie ergeben sich aus der Regenerierbarkeit des Materials. Ein Überschuss an leichten Ionen spült die schweren Ionen aus und nimmt deren Stelle ein.
Weitere Verfahren zur Prozesswasser-Aufbereitung
Reines Wasser hat beispielsweise bei einer Temperatur von 22 °C einen pH-Wert von 7, bei 20 °C eine elektrische Leitfähigkeit von < 1,1 µS/cm und einen gesamten organischen Kohlenstoffgehalt von < 0,5 mg/l. Reines Prozesswasser orientiert sich an diesen Werten. Viele Prozesse laufen auch bei stark davon abweichenden Werten ordnungsgemäß ab. Dann gelten andere tolerierbare Grenzwerte. Sind jedoch strenge Vorgaben gefordert, lässt sich die Prozesswasser-Aufbereitung nach der Umkehrosmose und der Ionenaustauschtechnologie durch weitere Verfahren ergänzen. Hierzu einige Beispiele:
- Reste organischer Stoffe können mit Aktivkohle entfernt werden.
- Eine UV-Bestrahlung wirkt keimtötend.
- Nanofiltration beseitigt kleinste Bakterien und Viren.
- Entgasungstechnik sorgt dafür, dass störende Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlenstoffdioxid entfernt werden.