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Die Alterung von Kunststoffen ist ein langsam ablaufender Prozess, bei dem sich im Material unumkehrbare Veränderungen vollziehen. Die Fachsprache nutzt dafür den Begriff irreversible Veränderungen. Die Alterung lässt sich nicht verhindern. Mit geeigneten Maßnahmen kann man sie aber verzögern. Voraussetzung dafür sind Kenntnisse über die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge, auf denen die Gebrauchseigenschaften beruhen, und über die Wirkung von Einflussfaktoren, die zum Verlust dieser Eigenschaften führen.
Warum werden Kunststoffe verwendet?
Kunststoffe haben drei wesentliche Vorteile
- Sie lassen sich leicht zu Bauteilen mit komplizierten Konturen verarbeiten.
- Sie sind leichter als andere Werkstoffe.
- Sie sind gegen viele aggressive Stoffe beständig.
Nachteilig ist, dass Kunststoff altert. Aber das wurde nicht so schnell erkannt. Die Alterungsprozesse laufen so langsam ab, dass man sich an die Bequemlichkeiten gewöhnt hatte, bevor der Erkenntnisgewinn eintrat. Jetzt sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um die Folgen in Grenzen zu halten.
Was passiert bei der Alterung von Kunststoffen?
Irgendwann zerbröseln Sie alle. Vorher verändern sie durch die Einwirkung von UV-Strahlung, Sauerstoff und Feuchtigkeit ihre innere Struktur. Wärme und wechselnde mechanische Beanspruchungen beschleunigen diese Vorgänge. Die Werkstoffe geben äußeren Kräften nach und verformen sich. Dauerhaft wechselnde Beanspruchungen führen zur Ermüdung. Außerdem gleichen sich herstellungsbedingte mechanische Spannungsunterschiede im Werkstoffinneren langsam aus. Das wird in Fachkreisen gerne als Relaxation bezeichnet. Um gezielt bestimmte Eigenschaften hervorzurufen, werden einigen Kunststoffen Zusätze beigemischt. Bekannt sind vor allem Weichmacher, die eine Versprödung des Werkstoffs verhindern. Die Zusatzstoffe verteilen sich zuweilen ungleichmäßig im Material oder entweichen daraus. Auch diese Vorgänge tragen zum Altern von Kunststoffen bei.
Schwerpunkte bei der Erforschung der Alterungsprozesse
Mit dem Ziel, das Altern zu verzögern, werden die einzelnen Prozesse untersucht. Das Wissen über die Abläufe soll helfen, Alterungsprozesse zu verzögern. Um die Forschungsergebnisse nutzbringend einordnen zu können, wird ein System benötigt. Darin werden die chemische und die physikalische sowie die innere und die äußere Alterung unterschieden. Und es werden Begriffe definiert. Schwierigkeiten bereitet allerdings, dass die Vorgänge oft gleichzeitig ablaufen, sich gegenseitig beeinflussen und sich manchmal gar nicht richtig voneinander abgrenzen lassen. Verwertbare Ergebnisse lassen sich nur auf der Grundlage von praktischen Versuchen ermitteln. In Langzeitstudien werden Werkstoffproben den Witterungsbedingungen oder anderen Belastungen ausgesetzt. Daran wird der Fortschritt des Alterns beobachtet. Das langsame Voranschreiten der Materialalterung verhindert schnelle Erkenntnisse. Abhilfe schaffen künstliche Alterungsmethoden, bei denen höhere Beanspruchungen erzeugt werden, als bei der späteren Nutzung zu erwarten sind.
Chemische Alterung
Allen Kunststoffen gemeinsam ist, dass sie aus Makromolekülen zusammengesetzt sind. Die einzelnen Atome bilden je nach Kunststoffart teils lange, teils verzweigte Ketten. Die langkettigen Moleküle sind entweder ineinander verknäult oder sie liegen ausgestreckt beieinander. Aus diesen Strukturen und aus den chemischen Eigenschaften der einzelnen Moleküle ergibt sich das Verhalten des jeweiligen Kunststoffs. Chemische Prozesse führen zur Zerstörung der Makromoleküle. Licht, vor allem UV-Licht, wirken von außen auf die Ketten ein und brechen sie auseinander. Wasser, Stickstoff und Sauerstoff aus der Atmosphäre dringen in das Material ein und bilden entweder neue chemische Verbindungen mit den Bruchstücken oder die vorhandenen Bruchstücke reagieren miteinander. Häufig kommt es dabei zum Abspalten kleiner Moleküle wie Wasser, Chlorwasserstoff oder Stickstoffverbindungen, die langsam aus dem Material herauswandern und in die Umgebung entweichen. Diese Prozesse führen zum Verlust der mechanischen Festigkeit oder zur Versprödung und schließlich zum Zerbröseln.
Physikalische Alterung
Auch wenn die Zusammensetzung der Makromoleküle erhalten bleibt, führen Umgebungseinflüsse und Bereiche unterschiedlicher Struktur oder Spannungsverteilung im Material zum Altern von Kunststoffen. Erfahrungsgemäß strebt die Natur stets Gleichgewichte an. Künstlich hergestellte Stoffe stören Gleichgewichte. Die Natur versucht, diese wiederherzustellen. Außerdem verursachen Änderungen der Temperatur und das Einwirken mechanischer Kräfte in den Kunststoffteilen mechanische Spannungen, die die Struktur verändern. Das Eindringen von Wasser und anderen Stoffen stört den Materialzusammenhalt, weil sie sich zwischen den Molekülen ablagern. Zu physikalischen Alterungsvorgängen führen auch sehr hohe oder sehr niedrige Temperaturen, die den Werkstoff verspröden oder erweichen lassen. Die Makromoleküle verändern dabei ihre Form und finden nicht mehr zur ursprünglichen Struktur zurück.
Innere und äußere Alterung
Wirksame Maßnahmen zur Verzögerung von Alterungsprozessen müssen stets den Ursachen der Vorgänge entgegenwirken. Zu diesem Zweck werden innere und äußere Alterung unterschieden. Die inneren Veränderungen resultieren aus Ungleichmäßigkeiten, die sich bei der Herstellung der Werkstoffe ergeben haben. Beispielsweise führt ungenügende Durchmischung der Komponenten zu Konzentrationsunterschieden und zu Nebenrektionen mit störenden Reaktionsprodukten. Bei der Verarbeitung des Materials bewirken zu schnelle Abkühlung und zu große Differenzen der Temperatur zwischen einzelnen Werkstoffbereichen eine Beschleunigung der Alterungsvorgänge. Diese Zusammenhänge müssen bei der Herstellung von Kunststoffen berücksichtigt werden. Äußeren Einflüssen, wie UV-Licht, Feuchtigkeit oder aggressiven Medien muss während der Nutzung der Kunststoffteile entgegengewirkt werden. Sie lassen sich zum Beispiel durch geeignete Oberflächenbeschichtungen blockieren. Eine sorgfältige Materialauswahl, die auf den vorgesehenen Einsatzzweck abgestimmt ist, und die Berücksichtigung von zu erwartenden Temperatur- und Spannungsverteilungen bei der Konstruktion der Teile tragen ebenfalls zur Verzögerung der Materialalterung bei.
Wie vermindert man die Folgen der Einflussfaktoren auf die Alterung?
Zur Verminderung der Auswirkungen von Einflussfaktoren lassen sich vier Strategien verfolgen:
- Einflüsse gänzlich vermeiden
- Einflüsse blockieren
- Beständigkeit gegen Einflüsse erhöhen
- Rechtzeitiger Austausch geschädigter Teile
Einflüsse gänzlich zu vermeiden, ist nur in Ausnahmefällen möglich. Denkbar sind klimatisierte, UV-geschütze Räume, abgekapselte Geräte oder trockene, sauerstoff- und stickstofffreie Schutzatmosphäre. Lackierungen blockieren äußere Einflüsse. Der Erhöhung der Beständigkeit dienen Alterungsschutzmittel, die dem Reaktionsgemisch bei der Herstellung von Kunststoffen zugegeben werden, und Pflegemittel, die den Kunststoff während seiner Nutzung widerstandsfähig halten. Folgen, die der Ausfall eines relevanten Teils auf das Gesamtsystem hat, sind durch den rechtzeitigen Austausch dieses Bauteils zu vermeiden. Das setzt voraus, dass Kriterien entwickelt und angewendet werden, mit denen das Ausfallverhalten beurteilt werden kann.
Vermeidung von Folgen der Alterung von Kunststoffen für die Menschen
Das Altern von Kunststoff führt dazu, dass seine Lebensdauer begrenzt ist. Damit reiht er sich in alle natürlich entstandenen und künstlich geschaffenen Dinge und Wesen ein. Die Natur begrenzt das Wachstum und die Anhäufung von Stoffen. Das erledigt sie mit Kreisläufen, in denen Stoffe abgebaut werden und aus den Bestandteilen Neues gebildet wird. Die Kunststoffe bringen die Natur bei dieser Aufgabe an ihre eigenen Grenzen. Sie schafft es nicht, daraus wieder Wasser, Kohlendioxid, Sauerstoff und Stickstoff zu bilden. Das müssen die Menschen selbst machen. Der Weg besteht darin, alle verbrauchten Kunststoffteile einzusammeln, notfalls zu verbrennen und bestenfalls zu regenerieren.