« Wie können logistische Prozesse den Anspruch an Nachhaltigkeit erfüllen? »
Alles, was mit dem Transport, dem Umschlag und der Lagerung von chemischen Stoffen zusammenhängt, ist Gegenstand der Chemielogistik. Sie nimmt innerhalb der Logistik einen besonderen Rang ein, weil hierbei häufig Gefahrstoffe und Gefahrgüter gelagert und bewegt werden. Der Umgang mit diesen Medien unterliegt detaillierten gesetzlichen Vorschriften. Zudem ist der nachhaltige Betrieb von Chemieunternehmen in außerordentlichem Maß auf eine zuverlässige Ver- und Entsorgung angewiesen. Lesen Sie hier, wie sich Logistikprozesse nach dem Prinzip „grüne Chemie“ nachhaltig gestalten lassen.
Was versteckt sich hinter dem modernen Nachhaltigkeitsbegriff?
Dass sich Sprache ständig verändert, lässt sich am Wort “nachhaltig” anschaulich zeigen. Ursprünglich bedeutet es, dass etwas dauerhaft wirksam ist. An einen nachhaltigen Eindruck erinnert man sich lange. Nachhaltiges Wirtschaften erbringt neben ausreichend neuem Saatgut einen Vorrat, der bis zur nächsten Ernte reicht. Im 18. Jahrhundert wendet der Freiberger Kammer- und Bergrat Hans Carl von Carlowitz den Begriff in der Forstwirtschaft an: um den Wald dauerhaft zu erhalten, darf nur so viel Holz geschlagen werden, wie nachwachsen kann.
Heute bezieht sich “Nachhaltigkeit” auf die Bewahrung, die Wiederherstellung bzw. den Aufbau eines weltweiten Gleichgewichts in der Natur, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Der Nachhaltigkeitsbegriff erstreckt sich nun sich auf ökologisches, ökonomisches und soziales Gebiet und betrifft längst auch die Industrie, so auch die Chemie. In diesem Zusammenhang erhält das Konzept „grüne Chemie“ immer größere Bedeutung. Teil dieses Prinzips ist auch eine moderne Chemielogistik, die immer mehr zur sogenannten grünen Logistik übergeht.
Chemielogistik in der Lieferkette
Dieser Verdacht verstärkt sich, bei näherer Betrachtung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG). Es dient der Schaffung und Einhaltung dringend erforderlicher, wirksamer Umweltstandards ebenso wenig wie der Durchsetzung von Sozialstandards und verschafft der Industrie einen größtmöglichen Freiraum. Die Chemielogistik hat wenig Einfluss auf das ökonomische und soziale Engagement der Chemieindustrie und die Anwendung der Prinzipien für grüne Chemie. Deshalb kann sie sich im Sinne nachhaltigen Handelns auf die ökologischen Komponenten konzentrieren.
Hauptakteur in der Lieferkette ist die Logistik. Die Vorgaben für die Aktivitäten erhalten die betreffenden Unternehmen von der Industrie, die Rohstoffe, Zwischenprodukte und Enderzeugnisse bei Lieferanten ihrer Wahl einkauft und für den Transport, die Zwischenlagerung und den Umschlag in der Regel Logistikdienstleister einsetzt. Sie sind dafür verantwortlich, dass die entsprechenden Waren in der korrekten Menge, am vorbestimmten Ort, zum festgelegten Zeitpunkt qualitätsgerecht bereitgestellt oder abgeholt werden. Die Nachhaltigkeit von Abläufen in der Logistik zeigt sich vor allem in der Optimierung der eigenen Prozesse.
Die Chemieindustrie greift häufig auf Speditionen zurück, die sich auf die besonderen Bedingungen der Chemielogistik spezialisiert haben. Um die Kontrolle über die Warenströme für die Chemie und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für den Umgang mit Gefahrstoffen und -gütern zu behalten, gründen Chemieunternehmen immer öfter eigene Logistikbetriebe als Tochtergesellschaften. Zahlreiche Hersteller und viele Verbraucher von Chemie-Produkten in der Industrie (z.B. Oberflächentechnik) betreiben kontinuierlich arbeitende Anlagen, die laufend mit Roh- und Betriebsstoffen beschickt werden und fertige Erzeugnisse ausstoßen. Eine Betriebsunterbrechung wegen fehlendem Nachschub wäre mit hohen Verlusten an Energie und Material verbunden, weil die Prozesse beendet und die Chemie mit großem Aufwand neu gestartet werden müsste. Das stünde in krassem Widerspruch zu der Idee der grünen Chemie und zum Anspruch auf nachhaltiges Handeln. Folglich bedeutet nachhaltige Chemielogistik auch zuverlässige Chemielogistik.
Grüne Logistik für nachhaltige Chemie
Die Chemielogistik ist nachhaltig, wenn sie ihre Prozesse in allen Teilbereichen ressourcenschonend und umweltgerecht gestaltet. Die Teilbereiche der Logistik sind
- Produktionslogistik: Lagerung, Umschlag und Transport auf dem Betriebsgelände
- Beschaffungslogistik: Bereitstellung der benötigten Waren
- Distributionslogistik: Verteilung der Erzeugnisse an Weiterverarbeiter oder Verbraucher
- Entsorgungslogistik: Rücknahme von Abfällen zum Recycling oder zur Entsorgung
Für jeden Bereich der Chemielogistik sind der Verbrauch von Energie und Kraftstoffen, die Emissionen von Stoffen in Wasser, Boden und Luft sowie die Nutzung von Flächen von Bedeutung für die Beurteilung der Umweltfreundlichkeit. Für nachhaltiges Handeln im Rahmen grüner Logistik kommen hierbei vor allem
- der Einsatz energiesparender Technik (z.B. Umfeldbeleuchtung, Förderung vorzugsweise durch Rohrleitungen)
- die Nutzung erneuerbarer Energien (z.B. elektrisch betriebene Transportmittel, grüner Wasserstoff als Treibstoff)
- die Optimierung von Transporten in der Chemieindustrie zur Verringerung der gefahrenen Wegstrecken
- die Begrenzung von Emissionen bei der Lagerung und dem Umschlag durch technische Vorkehrungen
in Betracht.
Die Grundsätze für nachhaltige Chemie schließen die Vermeidung von Risiken durch Brände, Explosionen und unbeabsichtigte Freisetzung ein. In der Chemielogistik ist diese Risikovermeidung gesetzlich geregelt.
Regularien für den Gefahrguttransport
Für den Transport von Gefahrgütern in der Chemielogistik gilt das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz, kurz GGBefG). Konkrete Vorgaben enthalten die auf der Grundlage des GGBefG verabschiedeten Verordnungen. Darin sind konkrete Anforderungen an die Qualifikation und die Zuverlässigkeit des Personals, an die Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der Transportmittel sowie die Einstufung chemischer Stoffe als Gefahrgüter enthalten.
Grundlage für den Umschlag und die Lagerung von Gefahrstoffen sind das Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz, kurz ChemG) und die darauf beruhende Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung, kurz GefStoffV). Auch hier regelt die Verordnung alle konkreten Anforderungen an die Einstufung der chemischen Stoffe und die Schutzmaßnahmen zur Risikoverminderung.
Transparenz in der Lieferkette – Optimierungspotential für die Chemielogistik
Ein Hilfsmittel, Schwachstellen in der Lieferkette aufzudecken und auszumerzen ist die Supply Chain Visibility (Lieferkettensichtbarkeit) auf der Grundlage moderner Informationstechnologie. Genaugenommen ist die Lieferkette in der Chemieindustrie und in der Industrie überhaupt eher ein Liefernetz. Angesichts der Bedeutung einer zuverlässigen Logistik für die Chemie stellt der konkrete Überblick über das Netz in Echtzeit einen immensen Vorteil dar. Lange bevor sich Fehler auf die Produktion auswirken können, lassen sich Gegenmaßnahmen einleiten. Entwickelt wurde diese Technologie, um Kosten zu sparen und Kunden bestmöglich zufriedenzustellen. Sie trägt durch die Optimierung der Logistikprozesse gleichermaßen zur störungsfreien Produktion und zur Nachhaltigkeit in der Chemielogistik bei. Damit ist Sie Teil des Zukunftskonzeptes „grüne Chemie“.