Dekorative Oberflächen in glänzenden Farben sind für jeden ein schöner Anblick. Als Schutzschicht vor mechanischen wie witterungsbedingten Schäden, vor Feuchte oder Korrosion spielt die Oberflächenbeschichtung darüber hinaus eine wichtige Rolle. Eine festhaftende Lackierung ist eine der Möglichkeiten, die verschiedenen Ansprüche, die an eine modernde Beschichtung gestellt werden, zu vereinen. Allerdings hatte ein Lack, vor allem in früheren Zeiten, einen hohen Anteil an Lösungsmitteln, die während der Trocknung verdampften. Heute werden diese flüchtigen Lösungsmittel immer weniger eingesetzt aufgrund von unerwünschten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Neue Technologien und Lackformulierungen weisen einen immer geringeren Gehalt auf, der in einigen Fällen auf 0% reduziert werden konnte.
Was sind VOCs?
Lacke, die für die Oberflächenbeschichtung eingesetzt werden, enthielten und enthalten Lösemittel. Diese sorgen für eine gleichmäßige Verteilung der verschiedenen Lackbestandteile, erniedrigen die Viskosität des Lacks und verbessern das Benetzungsverhalten. Sie spielen damit eine wichtige Rolle im Beschichtungsvorgang und besonders die leichtflüchtigen Lösungsmittel erleichtern den Trocknungsvorgang nach der Lackierung.
Diese leichtflüchtigen organischen Verbindungen werden als VOCs bezeichnet, was für “volatile organic compounds” steht. Gemäß der Weltgesundheitsorganisation werden sie nach ihrem Siedebereich in sehr flüchtige, flüchtige und halbflüchtige Substanzen eingeteilt. Dabei ist allen flüchtigen Stoffen gemeinsam, dass sie aufgrund ihres niedrigen Siedepunktes bzw. ihres hohen Dampfdrucks sehr schnell verdampfen. Sehr flüchtige organische Substanzen, abgekürzt VVOC, sieden bereits bei Temperaturen von um die 0°C bis zu 100°C. Klebstoffe oder Farbstifte können solche Stoffe enthalten, die man oft schon an ihrem charakteristischen Geruch erkennt. Der typische Geruch von Klebstoff geht zum Beispiel auf Ethylacetat zurück, der von Farbstiften auf Toluol. Halbflüchtige organische Substanzen, die sogenannten SVOCs, haben bereits einen sehr hohen Siedebereich, der von 240°C bis zu 400°C reicht. Dazwischen liegen die Volatile Organic Compounds, VOCs, die sich im Bereich ab 50°C verflüchtigen. Bis zu einem Siedepunkt von 260°C werden sie zu den VOCs gezählt. Typische VOCs sind aromatische Verbindungen, aliphatische Kohlenwasserstoffe oder Alkohole. Viele dieser leichtflüchtigen Verbindungen gefährden Umwelt und Gesundheit, weshalb ihre Reduzierung bereits Ende der 80er Jahre gefordert wurde. Im Jahr 1999 gab es eine erste EU-Richtlinie dazu. Diese, auch als Lösemittelrichtlinie bekannte Richtlinie, regelt vor allem die Emissionen und Grenzwerte für die industrielle Verarbeitung und für stationäre Lackieranlagen. Bereits zwei Jahre später kam mit der Bundesimmissionsschutzverordnung die aktuell gültige EU-VOC-Verordnung heraus, die die Grenzwerte für große Lackieranlagen und Industrie noch einmal heraufgesetzt hat.
Warum eine VOC-Reduzierung sinnvoll ist …
Ob aus natürlichen oder anthropogenen Quellen – vor allem im Sommer macht sich ein zu hoher VOC-Wert bemerkbar. Stickoxide, die beispielsweise durch den Verkehr freigesetzt werden, und VOCs reagieren unter Einwirkung von UV-Licht zu bodennahem Ozon. Dies führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie Atemwegsreizungen und Atembeschwerden, Husten oder Kopfschmerzen. Aber auch sonst unterliegen diese Lösemittel strengen Grenzwerten. Denn diese organischen Verbindungen können verschiedenste Gesundheitsschäden hervorrufen. Dazu zählen neben Haut- und Augenreizungen auch Nierenschäden, Atemprobleme und manche werden gar als krebserregend eingestuft. Nicht umsonst wird auch im privaten Bereich darauf hingewiesen, Räume ausreichend zu lüften, wenn mit lösemittelhaltigen Farben oder Lacken gearbeitet wird. Für den industriellen Bereich gelten noch strengere Werte. So dürfen die VOC-Emissionen lediglich ein Prozent der eingesetzten Lösemittel betragen, bei kleineren Anlagen, die mit geringeren Mengen von unter 1000 Tonnen pro Jahr arbeiten, sind es 2,5%
…und was sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten getan hat
Im Jahr 1980 lagen die VOC-Gesamtemissionen bei über 3 Millionen Tonnen pro Jahr, vor zwei Jahren war ihr Wert laut dem Umweltbundesamt auf knapp eine Million Tonnen gesunken. Zurückzuführen ist dieser Rückgang hauptsächlich auf die Reduzierung der Emissionen im Verkehrssektor. Katalysator und andere Neuerungen haben hier einen signifikanten Beitrag geleistet.
Neue Technologien tragen zur VOC-Reduzierung bis zu deren kompletten Vermeidung bei
Der “klassische” lösemittelhaltige Lack, den man bereits am Geruch erkannte, wurde in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch immer neue Produkte ersetzt, die weniger oder gar keine Lösemittel mehr enthielten. Die Einführung von speziellen Lackverdünnungsmitteln, Pulverlacken, Emissionsfarben und Lacken auf Wasserbasis sind nur einige Beispiele dafür.
Ein modernes Auto wird heute im Regelfall mit einem Lack auf Wasserbasis beschichtet. Dieser enthält zwar immer noch Lösemittel, allerdings wird dieser mit maximal 18% als gering eingestuft. Pulverbeschichtungen, die einige Autohersteller ebenfalls für die Metall- und Kunststoff-Lackierung einsetzten, kommen ganz ohne Lösemittel aus. Hier braucht man sich über einen zu hohen VOC-Wert also gar keine Gedanken mehr zu machen. Gleichzeitig wird nahezu der gesamte Pulverlack auf die Karosserie verteilt, wodurch so gut wie kein Abfall entsteht. Diese Art der Oberflächenbeschichtung wird in der heutigen Zeit, in der Hersteller wie Verbraucher auf Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit achten, sicherlich die Zukunft gehören.
In eine ähnliche Richtung gehen High-Solid – und Ultra-High-Solid-Lacke. Diese werden auf der Basis von Harzen, wie Alkydharzen oder Epoxidharzen, hergestellt. Diese Beschichtungsstoffe haben im Regelfall einen Anteil von über 65% an Feststoff und dementsprechend ist der Anteil an flüssigen und flüchtigen Anteilen gering. Der VOC-Wert liegt dabei bei maximal 30%. Das Elektrotauchlackieren arbeitet ebenfalls auf der Basis von wasserlöslichen Komponenten und nur einem geringen Anteil an organischen Lösungsmitteln. Bei diesem Verfahren scheiden sich Lackbindemittel und Pigmente am Werkstück ab und bilden eine durchgehende Beschichtung auf der Oberfläche.
Seit den 1980er Jahren mit seinen, im Vergleich zu heute, hohen VOC-Emissionen hat sich bis heute eine Menge getan. Im Bereich der Oberflächenbeschichtungen und Lacke wurden viele neue Technologien und Produkte eingeführt, die ihren Beitrag dazu geleistet haben. Ob allerdings ein kompletter Ersatz aller Lösemittel möglich ist, kann nur die Zukunft zeigen.