Prozesschemikalien sind chemische Stoffe, die technische Abläufe ermöglichen oder unterstützen. In Maschinen und Anlagen entstehen aus diesen Stoffen oder mit ihrer Hilfe gebrauchsfertige Erzeugnisse und Produkte für die Weiterverarbeitung. Die Lackierung Ist ein komplexer Prozess, der sich aus mehreren Teilprozessen zusammensetzt. Für jeden Bearbeitungsschritt werden spezielle, aufeinander abgestimmte Chemikalien benötigt.
Die Prozesse der Lackiertechnik
Ziel der Lackierung ist die Erzeugung einer dauerhaften, widerstandsfähigen Farbschicht auf Konstruktionsteilen. Die zu erwartenden Beanspruchungen, die im praktischen Einsatz auf die Teile einwirken, bestimmen die Anforderungen an die Lackschicht. Daraus und aus der Beschaffenheit der Bauteile ergibt sich die optimale Lackiertechnik. Um diese zu realisieren wird eine Technologie benötigt, die die einzelnen Arbeitsschritte detailliert vorgibt und die erforderliche Prozesstechnik sowie die notwendigen Prozesschemikalien zur Metall- oder Kunststofflackierung festlegt.
Im Mittelpunkt der Technologie steht der Lackierprozess aus Reinigung, Vorbehandlung und Lackierung. Für die wirtschaftliche und umweltfreundliche Gestaltung dieses Prozesses werden Hilfsprozesse wie die Rückgewinnung von Einsatzstoffen, die Nutzung von Abwärme und die Abfallbehandlung eingeplant. Zu den Hilfsprozessen gehören außerdem Maßnahmen bei Störungen, An- und Abfahrroutinen und Instandhaltungsarbeiten.
Während der einzelnen Prozessschritte im Verlauf der Lackierung werden chemische Reaktionen herbeigeführt. Die Reaktionsgeschwindigkeit und die entstehenden Reaktionsprodukte unterliegen den Bedingungen, bei denen die Vorgänge stattfinden.
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen die Temperatur, der Druck und die Konzentrationen der beteiligten Prozesschemikalien in definierten Größenordnungen liegen. Bei der Lackierung an Handarbeitsplätzen sind die Fertigkeiten und die Erfahrung der Beschäftigten wesentliche Voraussetzung für das fachgerechte Vorgehen. In komplexen Anlagen werden aussagefähige Parameter festgelegt, ihre Werte von Messgeräten erfasst und mit Hilfe von Steuerungs- und Regeltechnik im vorgesehenen Bereich gehalten.
Prozesschemikalien für die Lackierung
Die chemischen Stoffe, die beim Lackieren Bestandteil des verkaufsfähigen Produktes werden, sind der Lack, die Grundierung und die Bestandteile der Konversionsschichten aus der Vorbehandlung. Alle anderen Stoffe, die benötigt werden, um diese Schichten herzustellen, werden als interne Prozesschemikalien bezeichnet. Dazu gehören
- Entlackungsmittel
- Verdünner
- Mittel für die Lackkoagulierung
- Chemikalien für die Abwasserbehandlung
- Spülmedien
Entlackungsmittel
Entlackungsmittel werden eingesetzt, um fehlerhaft lackierte Teile und Hilfsmittel wie Gitterroste, Gestelle oder Gehänge von ihrer Farbschicht zu befreien. Die hierfür verwendeten Substanzen müssen auf den vorliegenden Werkstoff und auf die Art des Lackes abgestimmt sein. Für Stahlteile eignen sich alkalische Lösungen. In der Regel sind diese Mittel als Konzentrat verfügbar.
Vor der Verwendung werden sie mit Wasser verdünnt. Nichteisenmetalle lassen sich mit organischen Entlackungsmitteln behandeln.
Es stehen Stoffe für die Kaltentlackung bei normalen Umgebungstemperaturen und Mittel für die Heißentlackung bei Temperaturen von bis zu 120 °C zur Verfügung. Vor dem Einsatz dieser Stoffe sollte geprüft werden, ob sie recyclingfähig und frei von SVHC sind. SVHC steht für “Substances of Very High Concern” und bedeutet in etwa “besonders besorgniserregende Stoffe”.
Verdünner
Zu jedem flüssigen Lacksystem gehört ein geeigneter Verdünner, der der Farbe die richtige Fließfähigkeit gibt. Die verwendeten Lösemittelgemische wirken sich auf die Schichtdicke, den Glanzgrad und die Beschaffenheit der Lackschicht aus. Sie werden außerdem dazu eingesetzt, Farbreste von Werkzeugen zu entfernen, mit denen der Lack aufgetragen wurde.
Die Funktion der Verdünner beim Lackieren beruht auf ihrer Verdunstung. Während der Lack trocknet, entweicht der Verdünner in Form von Dämpfen in die Umgebungsluft. Für umfangreiche Lackierarbeiten sind deshalb Absauganlagen erforderlich, denen Chemietechnik zur Abluftreinigung nachgeschaltet ist.
Mittel für die Lackkoagulierung und die Abwasserbehandlung
In Farbspritzkabinen und an Handarbeitsplätzen wird überschüssiger Lack von Wasserschleiern oder Wasserwänden aufgefangen. Das Wasser wird im Kreislauf durch Aufbereitungsanlagen geführt.
Zur Trennung von Wasser und Lack werden dort Koagulationsmittel eingesetzt, die dafür sorgen, dass sich die feinverteilte Farbe zu Klümpchen zusammenballt. Dadurch lässt sich der Lack aus dem Wasser abscheiden. Zur Unterstützung dieses Prozesses werden Entschäumer und Flockungsmittel eingesetzt. Letztere Stoffe gehören zu den allgemein verwendeten Chemikalien für die Abwasserbehandlung mit der auch Waschwässer und Spülwässer aufbereitet werden.
Spülmedien
Der Einsatz von Spülmedien erfolgt in Lackieranlagen vor dem Farbwechsel und bei Instandhaltungsarbeiten. Die Mittel werden durch die Rohrleitungssysteme gepumpt. Dort lösen sie Ablagerungen auf und transportieren sie aus der Anlage.
Spülmedien sollten möglichst frei von sogenannten VOC (volatile organic compounds) sein. Das sind Bestandteile, die eine hohe Verdunstungsrate aufweisen. In der Atmosphäre tragen ihre Dämpfe zur Erderwärmung bei.
Optimaler Einsatz von Prozesschemikalien
Für den optimalen Einsatz von Prozesschemikalien sind die Reaktionsbedingungen ausschlaggebend. Dazu zählen:
- Druck und Temperatur
- Konzentration
- Grad der Durchmischung
- Verweilzeit
Um die Konzentrationen der beteiligten Stoffe genau einzustellen, verwendet die Chemietechnik Regelungsmechanismen, die bestimmte Parameter erfassen und die ermittelten Werte mit Sollwerten vergleichen. In Abhängigkeit des Ergebnisses werden überflüssige Chemikalien aus dem System ausgeschleust oder dem System benötigte Stoffe zugeführt. Je genauer die Sollwerte eingehalten werden, desto wirtschaftlicher ist der Prozess.
Ein wichtiger Parameter ist der pH-Wert. Viele chemische Reaktionen liefern nur im sauren, alkalischen oder neutralen Bereich zufriedenstellende Resultate. Die Zugabe einer Säure ermöglicht es, den pH-Wert zu verringern, mit Hilfe einer Lauge wird er erhöht.
Auch solche Stoffe, die an der Reaktion selbst nicht beteiligt sind, zählen zu den Prozesschemikalien. Die Stabilität der Prozesse erfordert eine ausreichende Durchmischung der einzelnen Komponenten. Das wird durch den Einsatz geeigneter Dosiertechnik und die Auswahl der richtigen Dosierstellen erreicht. Werden die Chemikalien in die Zuleitungen der entsprechenden Teilanlagen eingespeist, lassen sich die Strömungsverhältnisse in den Rohren und Pumpen für das Mischen nutzen. Die Verweilzeit ist der Zeitraum, den die Chemikalien benötigen, um wirksam zu werden. Das trifft sowohl für chemische Reaktionen als auch für physikalische Prozesse zu.
Eine Unterschreitung der Verweilzeit führt zu fehlerhaften Produkten, eine Überschreitung verringert die Wirtschaftlichkeit. Hersteller wie Kluthe berücksichtigen diese Faktoren bei der Entwicklung von aufeinander abgestimmten Prozesschemikalien und geben dem Anwender konkrete Hinweise für den optimalen Einsatz.