Warum Ökonomie, Ökologie und Soziales in der Industrie ein Ganzes ergeben müssen
In den 1990er Jahren eroberte das “Dreieck der Nachhaltigkeit” die Diskussionen um den Umweltschutz. Vor allem die Chemieindustrie bereicherte die Debatten mit Argumenten, die für eine Erweiterung des Nachhaltigkeitsbegriffs sprachen. Sie vertrat die Ansicht, dass Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichrangig zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen müssen. Damit traf sie auf reges Interesse in der übrigen Industrie. Lesen Sie hier, was das Nachhaltigkeits-Dreieck beinhaltet und wie sich dieses Modell auf den Klimaschutz ausgewirkt hat.
Was ist das Dreieck der Nachhaltigkeit?
Das Dreieck der Nachhaltigkeit ist ein Gedankenmodell. Es basiert auf den Zusammenhängen zwischen den Prozessen in der Natur und der Gesellschaft. Die meisten Handlungen der Menschen lassen sich folgen Bereichen zuordnen: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Ein Dreieck bietet sich hierfür als Sinnbild an. Dem Dreieck entspricht praktisch auch das theoretische Modell für Nachhaltigkeit mit drei Säulen, die die drei Bereiche symbolisieren. Beide Modelle werden von Politik und Wirtschaft für die Entwicklung von Zukunftsstrategien genutzt, die für alle Menschen eine lebenswerte, gerechte Welt zu schaffen sollen. Das ist möglich, wenn ein Gleichgewicht zwischen Umwelt, Wirtschaft und Zusammenleben der Menschen hergestellt wird.
Bedeutung der Ökologie im Nachhaltigkeits-Dreieck
Eine intakte Umwelt ist die Lebensgrundlage für alle Menschen. Zur Lebensgrundlage zählen die chemisch-physikalischen Bedingungen, unter denen unser Stoffwechsel arbeiten kann (Temperatur, Luftdruck, Abwesenheit von Giften), und die Stoffe, die der Stoffwechsel verarbeitet (Atemluft, Wasser, Nahrung). Ein dauerhaftes natürliches Gleichgewicht hat dazu geführt, dass im Laufe von Millionen Jahren Menschen entstehen konnten. Das Gleichgewicht beruht auf vielen miteinander verknüpften Kreisläufen (z.B. Verdunstung und Niederschlag, Nahrungskreisläufe, Atmung und Photosynthese).
Die fortschreitende Entwicklung der Industrie führte dazu, dass sich der größte Teil der Menschheit immer weiter von einer natürlichen Lebensweise entfernte. Viele haben sich so einen Wohlstand geschaffen, den sie unbedingt erhalten wollen. Dabei haben sie die Natur hemmungslos ausgebeutet. Lange Zeit unbemerkt blieben die Nebenwirkungen: Die Natur gerät aus dem Gleichgewicht, die Lebensgrundlage für alle Menschen gerät in Gefahr. Diese Gefahr abzuwenden, ist das Ziel der Ökologie, die für das Dreieck der Nachhaltigkeit wesentlich ist. Die Hauptaufgaben, die sie zu bewältigen hat, sind:
- Klimaschutz zur Bewahrung der physikalischen Lebensbedingungen
- Schutz der Lebensräume zur Erhaltung der Arten
- Vermeidung von Verschmutzung der natürlichen Ressourcen (Wasser, Boden, Luft)
- schonende Nutzung aller Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Boden, Luft)
Es ist weder erstrebenswert noch möglich, zu einer natürlichen Lebensweise zurückzukehren. Deshalb ist die Gesellschaft, insbesondere die Industrie, gefordert, Lösungen zu finden, mit denen sich die ökologischen Aufgaben erfüllen lassen.
Rolle der Ökonomie im Dreieck der Nachhaltigkeit
Die Menschen sind auf Nahrung, Kleidung, Gebrauchsgegenstände, Wohnraum und vieles mehr angewiesen. Das alles bereitzustellen ist Aufgabe der Wirtschaft. Zentrale Akteure sind Industrie, Landwirtschaft und Handel. Die Finanzwirtschaft trägt dazu bei, dass die Akteure arbeitsfähig bleiben. Für nachhaltiges Handeln ist eine verantwortungsbewusste Unternehmerschaft erforderlich, die eine umweltverträgliche Produktion realisiert bzw. unterstützt. Da sich die Wirtschaft globalisiert hat, muss sich die unternehmerische Verantwortung auch auf die Lieferketten beziehen. Schwerpunkt ist dabei die Rohstoffgewinnung.
Eine umweltverträgliche Produktion, so wie sie sich aus dem Dreieck der Nachhaltigkeit ergeben soll, setzt Technologien voraus, die geeignet sind, die Ziele des Umweltschutzes zu erreichen:
- Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen
- Sparsamer Energie- und Rohstoffeinsatz
- Produktion von Erzeugnissen mit langer Lebensdauer
- Recycling von Abfällen
- Aufbereitung und Wiederverwendung von ausgedienten Produkten
- Vermeidung von Emissionen
Einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung derartiger Technologien leistet die Chemie. Als Naturwissenschaft bereitet sie im Rahmen der Grundlagenforschung Lösungen für konkrete Anwendungen vor. Die Chemieindustrie stellt im Rahmen der angewandten Chemie darauf aufbauend umweltfreundliche Produkte bereit. Schwerpunkte sind nachhaltige und grüne Chemie. Dabei bezieht sich grüne Chemie vor allem auf die umweltfreundliche Produktion von Grundstoffen und Verbrauchsgütern. So kommen zunehmend auch nachhaltige Produkte der Oberflächentechnik zum Einsatz. Nachhaltige Chemie stellt darüber hinaus sicher, dass auch dem Nutzer der Chemikalien umweltfreundliches Handeln möglich ist.
Der soziale Aspekt im Nachhaltigkeits-Dreieck
Das Dreieck der Nachhaltigkeit berücksichtigt mit dem sozialen Aspekt, dass jeder Einzelne im Umweltschutz mitwirken muss, um die Gefahren für die Lebensgrundlage der Menschheit abzuwenden. Voraussetzung dafür ist, dass er überhaupt eine Wahl hat. Wer am Rand des Existenzminimums knapp überlebt, kann den Wohlstandsbürgern die Welt beim besten Willen nicht erhalten. Das gilt vor allem für die betroffene Bevölkerung in den Entwicklungsländern des globalen Südens. Ein wirksamer Schritt vorwärts ist, ihnen umweltfreundliche moderne Technologien zur Verfügung zu stellen. Hilfreich ist auch ein fairer Handel, der den Menschen ein Einkommen sichert, das ihnen und ihren Kindern ein menschenwürdiges Leben gestattet. Die meisten anderen sozialen Ziele, wie ausreichende Nahrung und Trinkwasser, medizinische Versorgung, gute Bildung, Teilhabe an Kultur usw. wären durch die globale Beseitigung der Armut automatisch erreicht.
Verknüpfung von Ökologie, Ökonomie und Sozialem
Das Dreieck der Nachhaltigkeit ist gemäß Definition gleichseitig. Die drei Säulen im anderen Modell sind gleich lang. Die Wirtschaft, besonders die Industrie und das Finanzwesen, gehen davon aus, dass Ökologie, Ökonomie und Soziales für eine nachhaltige Entwicklung gleich wichtig sind. Die Nachhaltigkeit soll dazu führen, dass die Welt lebensfähig, lebenswert und gerecht wird und bleibt. Ökologie, kombiniert mit Ökonomie, ergibt eine lebensfähige Grundlage. Die Verknüpfung von Sozialem und Ökonomie bringt Gerechtigkeit. Eine Welt, in der darüber hinaus Ökologie und Soziales eine Einheit bilden, ist lebenswert.
Folgt man den Argumenten, ist das logisch. Könnte die Logik lächeln, würde sie das jetzt tun. Die Logik zeigt lediglich auf, wie richtig geschlussfolgert wird. Nutzt man ihre Regeln, erhält man widerspruchsfreie Aussagen. Ob die Schussfolgerungen zu richtigen Ergebnissen führen, hängt davon ab, ob die zugrunde gelegten Voraussetzungen mit den Tatsachen übereinstimmen. Ist das der Fall, entsprechen auch die Ergebnisse der Realität. Sind die Voraussetzungen unvollständig, unsicher oder gar falsch, ist es trotz sorgfältig angewandter Logik ungewiss, ob die Ergebnisse richtig sind. Dann hilft ein Blick in die Praxis.
Jedes einzelne der vielen Ziele, die sich aus dem Dreieck der Nachhaltigkeit ergeben, ist erstrebenswert. Aber es gibt eine Rangordnung. Einige Ziele bilden die Voraussetzung dafür, andere zu erreichen. An erster Stelle steht jetzt der Klimaschutz. Den hat das theoretische Modell eher behindert. Ökologie, Ökonomie und Soziales müssen in der Industrie ein Ganzes ergeben. Die drei Bereiche jedoch als gleichwertig zu betrachten, verzerrt das Bild. Ein Gleichgewicht besteht auch, wenn sich eine Einheit aus Ökonomie und Sozialem mit der Ökologie die Waage hält. Die Ökologie, eine intakte Umwelt, ist die Voraussetzung für Leben überhaupt. Nur wenn sich die Ökonomie dort unterordnet, lassen sich auch soziale Ziele erreichen.
[1] https://kluedo.ub.rptu.de/frontdoor/deliver/index/docId/1597/file/Das_Integrierende_Nachhaltigkeits-Dreieck.pdf