Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Gehalt von Kohlenstoffdioxid (auch Kohlendioxid) in der Atmosphäre unaufhörlich angestiegen. Durch die fortschreitende Industrialisierung und dem damit einhergehenden Ausstoß von CO2 wuchs die Konzentration von ehemals durchschnittlich 280 ppm auf Spitzenwerte von über 400 ppm an. Das führte zu Veränderungen des Klimas, die sich immer deutlicher bemerkbar machen. Besonders nachdenklich stimmt die Tatsache, dass sich das Wachstum der Kohlendioxidkonzentration beschleunigt. Der Klimawandel verselbständigt sich. Um dem entgegenzuwirken, müssen unbedingt industrielle Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase getroffen werden. Auch Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie wird immer wichtiger. Aber das reicht nicht auch. Ebenso ist es essentiell, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Aber welche Optionen der CO2-Bindung gibt es? Erfahren Sie mehr.
Wie kann man CO2 binden?
CO2-Bindung lässt sich mit biologischen und mit technischen Methoden realisieren.
Biologische Methoden
Biologische Methoden zur Bindung beruhen auf der Photosynthese, die die Grundlage für das Wachstum von Pflanzen bildet. Das in Pflanzen gebundene Kohlenstoffdioxid wird allerdings durch natürliche Abbauprozesse wieder freigesetzt. Deshalb eigenen sich Pflanzen als Speicher nur, wenn weitere Schritte eine Zersetzung der Biomasse verhindern.
Technische Methoden
Die technischen Methoden zur CO2-Bindung sind eng mit der Abscheidung des Kohlenstoffdioxids aus der Atmosphäre oder aus industriellen Abgasen verbunden. Endgültig erfolgt die Kohlenstoffdioxid-Bindung danach durch Nutzung oder durch Speicherung. Für diese Prozesse haben sich folgende englische Begriffe und deren Abkürzungen eingebürgert:
- Direkte Abscheidung von Kohlenstoffdioxid aus der Luft: Direct Air Carbon Capture (DACC)
- Kohlendioxid-Abscheidung und Nutzung: Carbon Capture and Utilization (CCU)
- Kohlendioxid-Abscheidung und Speicherung: Carbon Capture and Storage (CCS)
Auf Pflanzen basierende Methoden zur CO2-Bindung
Wie viel CO2 bindet ein Baum?
Bäume binden Kohlenstoffdioxid hauptsächlich im Holz der Stämme, Äste und Wurzeln. Wie viel sie speichern, hängt vor allem von der Art der Bäume, den Wachstumsbedingungen und dem Entwicklungsstadium ab. Diese Faktoren entscheiden darüber, wie viel Holz gebildet wird. Etwa die Hälfte der Masse von trockenem Holz besteht aus Kohlenstoff. Durch Multiplikation dieses Wertes mit 3,67 ergibt sich die Masse des Kohlendioxids, das sich der Baum aus der Luft geholt hat.
Für alle die nachrechnen wollen:
12 g Kohlenstoff + 2*16 g Sauerstoff = 44 g Kohlendioxid; 44 : 12 = 3,67
die Massen der Bestandteile finden Sie im Periodensystem der Elemente.
Aussagefähiger ist die Menge des Treibhausgases, die durch Aufforstung gebunden werden kann. Eine Faustformel besagt, dass das etwa 6 Tonnen pro Jahr und Hektar sind. Die Formel gilt allerdings nur für Wälder, in denen gesunde Bäume aller Entwicklungsstadien unter günstigen klimatischen Bedingungen heranwachsen. Bei der Bildung von Holz wird auch Wasser verbraucht. Bleibt der Regen aus, verzögert sich das Wachstum. Für die dauerhafte CO2-Bindung im Wald durch Aufforstung sind eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Nutzung des Holzes als Baumaterial, in der Möbelindustrie oder für Gebrauchsgegenstände erforderlich.
Kohlenstoffdioxid-Bindung in Biomasse
Biomasse von Nutzpflanzen, Pflanzenabfällen oder Algen eignet sich auf unterschiedliche Weise zur Bindung von Kohlendioxid:
- Renaturierung von Mooren, in denen sich unter Sauerstoffabschluss aus Biomasse Torf bildet und als CO2-Speicher im Boden verbleibt
- Herstellung von Biokohle durch Erhitzen unter Ausschluss von Sauerstoff (analog Holzkohle im Mailer), Nutzung als Rohstoff in der chemischen Industrie oder zur Boden-Verbesserung in der Landwirtschaft
- Bildung von Humus als Bodenspeicher
- Herstellung von Chemikalien aus Biomasse
- Verbrennung getrockneter Biomasse zur Energiegewinnung, Abscheidung und Speicherung oder Nutzung des Kohlenstoffdioxids aus den Rauchgasen
- Herstellung von Biokraftstoffen zur Verringerung von Emissionen durch Kraftstoffe aus fossilen Quellen
Technische Methoden zur CO2-Bindung
Direkte Abscheidung aus der Luft
Die direkte Abscheidung ist wegen der verhältnismäßig geringen Kohlendioxidkonzentration sehr aufwändig. Es werden große Gebläse mit einem hohen Luftdurchsatz benötigt, um nennenswerte Erträge zu erzielen. Für die Abscheidung stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung:
- Gaswäsche mit flüssigen organischen Aminen oder Natronlauge
- CO2-Bindung durch Anlagerung an einen Feststoff (Sorption)
- Bindung durch Anionenaustauscher mit Polymerharz
- Nutzung der Membrantechnik zur Abtrennung aus der Luft
Die Wirtschaftlichkeit der Verfahren hängt davon ab, inwieweit das gewonnene Kohlendioxid genutzt wird. Würden die Schäden, die durch die Erderwärmung entstehen, in die Berechnung der Wirtschaftlichkeit eingehen, verschöbe sich das Bild deutlich zugunsten der Kohlendioxidabscheidung.
Abscheidung aus Verbrennungsgasen und aus Abgasen der Industrie
Aufgrund der höheren Konzentration ist die CO2-Bindung aus Verbrennungsgasen weniger aufwändig als die Abscheidung aus der Luft. Das bevorzugte Verfahren ist hierbei die Gaswäsche mit flüssigen organischen Aminen. Des Weiteren fallen größere Kohlenstoffdioxidmengen bei der Zementherstellung, in der Metallurgie und bei verschiedenen chemischen Prozessen an. Diese lassen sich auffangen oder abscheiden und wie das Kohlenstoffdioxid, das bei der direkten Abscheidung aus der Luft gewonnen wird, für unterschiedliche Zwecke nutzen und dadurch dauerhaft binden.
Nachhaltige Bindung: Möglichkeiten der Kohlendioxidnutzung
Herstellung von Chemikalien und Kraftstoffen
Kohlenstoffdioxid lässt sich katalytisch in chemische Grundchemikalien umwandeln und weiterverarbeiten. Grundstoffe sind beispielsweise Harnstoff und Methanol. Als Endprodukte sind Kunststoffe oder synthetische Schmierstoffe als Kohlendioxidspeicher vorstellbar. Ebenso ist die Herstellung von Kraft- und Brennstoffen möglich. Das führt im Endeffekt zwar nicht zur Verringerung des Kohlendioxidgehaltes in der Luft, weil bei der Verbrennung der Stoffe wieder die Freisetzung des Kohlendioxids erfolgt. Es bewirkt aber durch eine Art Kreislaufwirtschaft die Reduzierung von Emissionen.
Verstärkte Verwitterung
Bei bestimmten Mineralien kommt es während der Verwitterung zur Kohlenstoffdioxid-Bindung. Werden beispielsweise Basalt oder verschiedene Silikatgesteine gemahlen und auf dem Boden verteilt, bilden sich karbonathaltige neue Mineralien. Das dafür benötigte Kohlendioxid gewinnen sie aus der Luft. So können sie den Kohlendioxidgehalt der Luft verringern und über Jahrhunderte als CO2-Speicher fungieren.
CO2-Bindung in Baustoffen aus Beton
Baustoffe aus Beton enthalten in den Poren Calciumhydroxid, das sich mit dem in der Luft enthaltenen Treibhausgas zu Calciumcarbonat umsetzt und zur Härtung des Betons führt. Dadurch wird der Baustoff bei der natürlichen Alterung zum Speicher von Teilen des Kohlendioxids aus der Luft. Beim Recycling von Beton, der beim Abbruch von Gebäuden anfällt, lässt sich dieser Prozess ausnutzen. Werden die zerkleinerten Betonteile einer Kohlendioxidbeaufschlagung unterzogen, verdichtet sich das Gefüge und das Porenvolumen verringert sich.